CDU und AfD:Absurde Debatte um das Dagegensein

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Wie hält es die CDU mit der AfD und Bernd Lucke? Merkel und andere führende Köpfe haben eine Zusammenarbeit abgelehnt. Einzelne Rebellen in der CDU aber stänkern, das sei töricht. Wer da wohl recht hat?

Eine Analyse von Thorsten Denkler, Berlin

Töricht. So nannte der CDU-Politiker Christean Wagner auf Spiegel Online die Haltung, die CDU werde mit der AfD "nie zusammengehen". Wagner gehört zu dem recht überschaubaren " Berliner Kreis" der CDU, in dem sich die in der Partei verbliebenen stramm konservativen Recken zusammengefunden haben.

Seit einiger Zeit versuchen sie die CDU wieder weiter nach rechts zu führen. Immer mit dem Hinweis, dass die Partei nie wieder über 40 Prozent kommen werde, wenn die konservativen Stammwähler nicht stärker angesprochen würden.

Nun hat die sozialdemokratisierte Merkel-CDU die Bundestagswahl mit 41,5 Prozent gewonnen. Vom Berliner Kreis war seitdem wenig zu hören.

Die Europawahl bringt jetzt eine gefühlte Schlappe für die Union. Und die Konservativen sehen sich offenbar wieder im Aufwind. Dabei ist es weniger die CDU, die für die Schlappe verantwortlich ist. Gemessen am Europawahlergebnis von 2009 hat die CDU sogar leicht gewonnen. Die stramm konservativ bis euroskeptisch auftretende CSU dagegen hat massiv verloren.

Das scheint einige in der CDU nicht daran zu hindern, ihr eigenes, wenn auch recht kleines, Süppchen zu kochen. Anlass ist - Wagner hat es angedeutet - der Umgang mit der AfD. Die Euro-Skeptiker um ihren professoral-schillernden Parteichef Bernd Lucke haben mit sieben Prozent zwar ein achtbares, aber auch nicht das von ihr selbst prophezeite Superergebnis erzielt.

Eigentlich absurd, jetzt eine Debatte darüber anzufangen, ob, wann und unter welchen Umständen die CDU mit dieser Partei Bündnisse schmieden könnte. Den hessischen Berufsrebellen und CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus-Peter Willsch schreckt das nicht. Er ist einer der wenigen Kritiker der Merkel'schen Euro-Rettungspolitik, auch wenn sich sein parteiinterner Einfluss in Grenzen hält. Willsch erklärte, er jedenfalls sehe größere Schnittmengen mit der AfD als etwa mit SPD und Grünen.

Willsch und Wagner dürften weit davon entfernt sein, mit diesen Positionen in der CDU eine Mehrheit zu bekommen. Merkel hat dazu alles gesagt: Eine Zusammenarbeit mit der AfD komme "nicht in Betracht". Allenfalls will sie sich "intensiv" mit den Wählern der AfD beschäftigen. In der CDU gilt, was Merkel sagt.

Das Ergebnis einer solchen intensiven Beschäftigung dürfte sie nicht überraschen. Der Blick lohnt dennoch. Richtig ist: Die AfD hat von allen Parteien Stimmen abgezogen. Mehr als 500 000 von der Union und rund 50 000 von der FDP. Aus dem linken Lager holte sie zusammen gut 330 000 Stimmen: fast 200 000 von der SPD, 100 000 von der Linken und sogar 30 000 von den Grünen.

Genau dies aber zeigt auch: Für viele Wähler ist die AfD nicht mehr als eine Protestpartei. Irgendwie anders als die etablierten Parteien. Sie machen Stunk, bieten einfache Antworten, das gefällt, die werden gewählt. Davon hat in ihren Hochzeiten schon die Piratenpartei profitiert. Und selbst unter Grünen wird gemutmaßt, dass unter denen, die sie vor nicht mal zwei Jahren in Umfragen noch auf mehr als 18 Prozent haben schnellen lassen, viele Protestwähler waren. Diese Wähler kommen und gehen, wie es ihnen passt. Es ist also längst nicht ausgemacht, ob die AfD ein stabiler Faktor in der Politik sein wird. Oder ob sie genauso schnell untergeht wie jetzt die Piraten.

Andererseits hat die CDU durchaus ein Problem: Ihr scheint der natürliche Koalitionspartner FDP gerade nachhaltig wegzubrechen. Drei Landtagswahlen stehen in diesem Jahr noch an. In Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Nirgends sieht es so aus, als hätte die FDP Chancen, wieder in den Landtag zu kommen. Sehr wohl aber die AfD.

Wenn es für ein linkes Bündnis inhaltlich oder personell nicht reicht, bleibt immer noch die große Koalition - die Lieblingsoption der Kanzlerin. Je mehr solche Bündnisse es in den Ländern gibt, desto besser für die Bundesregierung. Das wissen auch die Landesfürsten der CDU.

Die Debatte über mögliche Koalitionen zwischen CDU und AfD erübrigt sich aber auch schon deshalb, weil die maßgebenden Personen in den Ländern sie ausschließen. Christine Lieberknecht, Ministerpräsidentin in Thüringen, ist da genauso hart wie ihr Kollege Stanislaw Tillich aus Sachsen. Der rückt die AfD sogar in die Nähe der rechtsradikalen NPD.

Nur in Brandenburg will CDU-Landes- und Fraktionschef Michael Schierack sich nicht eindeutig von der AfD distanzieren. "Ich bin dagegen, von vornherein alles abzulehnen", sagte er. Eine etwas realitätsferne Debatte. Die CDU ist meilenweit davon entfernt, im tiefroten Brandenburg wieder Regierungsverantwortung zu übernehmen.

Die Landtagswahlen sind für die AfD übrigens noch längst nicht gewonnen. In Brandenburg steht sie in Umfragen zwischen drei und fünf Prozent. In Thüringen zwischen vier und fünf, in Sachsen zwischen sechs und sieben Prozent. Die Europawahl hat der AfD zwar in den drei Ländern zwischen 7,4 und 10,1 Prozent gebracht. Aber da ist sie auch mit ihrem einzigen Kern- und Erfolgsthema Euro an den Start gegangen. Auf Landesebene dagegen fehlen der AfD sowohl das nötige Personal als auch die Themen.

Nur wenn sie im Herbst noch als Protestpartei funktioniert, hat sie Chancen in die Landtage einzuziehen. Schon deswegen dürfte es viel zu früh sein, über Koalitionen mit einer Partei zu sprechen, die bisher in keinem einzigen Landtag vertreten ist. Das macht die AfD womöglich größer als sie tatsächlich ist.

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