CDU: Sponsoren-Affäre:Rüttgers braucht neuen Wahlkampfmanager

Der Werbebrief an Sponsoren, mit dem der CDU-Politiker Rüttgers exklusiv angeboten wurde, war zu viel. Generalsekretär Wüst gibt auf.

Irgendwie scheint Jürgen Rüttgers schon seit längerem ein wertvoller Magnet für die nordrhein-westfälische CDU zu sein. Sie bietet Unternehmern jedenfalls offenbar seit Jahren exklusive Gespräche mit dem Landesvorsitzenden an, wie der WDR-Hörfunk berichtet.

Hendrik Wüst, ddp

Der Mann fürs Grobe: Hendrik Wüst, Generalsekretär der nordrhein-westfälischen CDU, ist im Zuge der Sponsoren-Affäre zurückgetreten.

(Foto: Foto: ddp)

Demnach konnten Firmen bereits im Herbst 2004 gegen Zahlung von 14.000 Euro ein "Sponsoringpaket" für einen CDU-Kongress erwerben. Repräsentanten der Sponsor-Betriebe durften mit Rüttgers reden und von einem "Top-VIP-Tisch" aus ein abendliches Showprogramm verfolgen. 2005 wurde Rüttgers zum Ministerpräsidenten gewählt.

Auch im aktuellen Wahlkampf spielen solche Zahlungen für Rüttgers eine Rolle. Prompt kam die Frage auf: Wie käuflich ist Jürgen Rüttgers, der Ministerpräsident des Landes? Was kostet es, den sich betont sozialkämpferisch gebenden Christdemokraten exklusiv zu erleben?

Ein Opfer hat die Affäre bereits gekostet: Der Generalsekretär Hendrik Wüst, 32, Rüttgers Mann fürs Grobe, tritt zurück. Er ist elf Wochen vor der Landtagswahl zur großen Belastung geworden. Bereits im vorigen Sommer musste er auf Geheiß von Rüttgers die Video-Beobachtung öffentlicher Auftritte der SPD-Kandidatin Hannelore Kraft stoppen. Und im Dezember 2009 geriet er in Erklärungsnöte, weil er monatelang von der CDU und vom Landtag in Düsseldorf gleichzeitig Zuschüsse für seine private Krankenversicherung kassiert hatte.

Lammert: "Selten dämlich"

Nun hat die von ihm gemanagte NRW-CDU eingeräumt, Sponsoren des im März anstehenden Parteitags für 6000 Euro Gespräche mit ihrem Vorsitzenden Rüttgers angeboten zu haben. Der Politiker versicherte, er habe die Schreiben nicht gekannt und sofort stoppen lassen. Mit Blick auf mögliche Konsequenzen aus der Affäre betont nun Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU): "Ob es rechtlich zu beanstanden ist, wird wie in allen vergleichbaren Fällen von der Bundestagsverwaltung geprüft." Aber eines stünde fest: "Das Schreiben ist politisch selten dämlich", so Lammert zur Saarbrücker Zeitung. Er selbst gehört dem nordrhein-westfälischen Landesverband an.

Fraglich ist, ob der Wüst-Rücktritt für den Ministerpräsidenten einen Befreiungsschlag darstellt oder ein untaugliches Bauernopfer ist. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hat seinem nordrhein-westfälischen Kollegen jedenfalls Respekt für die Entscheidung zum Rücktritt gezollt. "Das ist honorig"", sagte er. Er versicherte, dass es vergleichbare Angebote an Sponsoren bei der Bundes-CDU nie gegeben habe. Gespräche mit Entscheidungsträgern seien nie "Gegenstand von Vereinbarungen" gewesen, auch wenn es bei Veranstaltungen der Bundes-CDU ebenfalls Sponsoring gebe. Als "unhaltbar" bezeichnete Gröhe den Vorwurf, Sponsoren hätten sich Gesprächstermine mit Ministerpräsident Jürgen Rüttgers "ergaunern" können.

Wenn man die Schreiben der CDU ernst nehme, "dann hat das nicht nur ein 'Geschmäckle', sondern grenzt an Korruption", sagt Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim. Ob es sich bei den angeblich käuflichen Gesprächsterminen mit Rüttgers um einen Verstoß gegen das Parteiengesetz handelt, ist laut Bundestagsverwaltung noch offen. Die Prüfung hat begonnen.

Die Opposition will die Kanzlerin einschalten

Illegal ist nach Einschätzung des Verfassungsrechtlers von Arnim nicht die Spende, sondern "wenn als Gegenleistung der Zugang zur Regierung versprochen wird, dann könnte das Verbot von sogenannten Einfluss-Spenden greifen". Allerdings sei das kaum zu beweisen: "Wenn es zutrifft, dass die Regierung nichts davon gewusst hat und lediglich irgendwelche Parteimitarbeiter sich verkünstelt haben, dann ist der Fall erledigt."

Rüttgers hatte am Wochenende die Sponsoren-Vorwürfe noch als "absurd und völlig unzutreffend" zurück und erklärt, ab sofort würden solche Sponsorenbriefe nicht mehr verschickt. Generalsekretär Wüst entschuldigte sich.

Die Opposition wirft dem Ministerpräsidenten im schwarz-gelb regierten Nordrhein-Westfalen vor, seine Landeszentrale nicht im Griff zu haben. "Mit anständiger Politik hat das nichts zu tun", so die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Sylvia Löhrmann.

Was läuft bei der FDP?

Aus Sicht des Koalitionspartners FDP war das Ansinnen der Landes-CDU, exklusive Gesprächstermine mit Rüttgers verkaufen zu wollen, ein "unsensibles, ungeschicktes und unangemessenes Angebot". Er würde keiner Partei empfehlen, solche Preislisten aufzustellen, sagt FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Die FDP halte Rüttgers selbst aber nicht für käuflich.

Auch bei den Liberalen ist den Angaben zufolge für Verbände und Firmen möglich, Flächen in Parteitagshallen anzumieten. Damit seien jedoch keine exklusiven Gesprächsangebote verbunden. Auf diesen Parteitagsmessen werde "eine Gebühr für eine Leistung" fällig, nämlich für die Bereitstellungen von Fläche.

Die Linke fordert unterdessen auch von Kanzlerin Angela Merkel Aufklärung: "Wir wollen wissen, ob auch auf anderen CDU-Parteitagen Gesprächszeiten an Unternehmen verkauft wurden", so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende und designierte Parteichefin der Linken, Gesine Lötzsch.

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