CDU-Schwarzgeldaffäre:Kanther kommt vor Gericht

Der frühere Bundesinnenminister Manfred Kanther, 64, muss sich vom 17. August 2004 an wegen der CDU-Schwarzgeld-Affäre vor dem Landgericht Wiesbaden verantworten. Dem Ex-Vorsitzenden der hessischen CDU wird vorgeworfen, 20,8 Millionen Mark Parteivermögen 1983 in die Schweiz geschleust zu haben.

Von Detlef Esslinger und Bernd Oswald

Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, werden mit Kanther der ehemalige hessische CDU-Schatzmeister Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenstein und der Finanzberater der Partei, Horst Weyrauch, vor Gericht stehen. Allen dreien wirft sie Untreue vor.

Das OLG Frankfurt gab einer Beschwerde der Wiesbadener Staatsanwaltschaft und der hessischen Generalstaatsanwaltschaft gegen einen Beschluss des Landgerichts Wiesbaden statt, das Mitte 2001 die Eröffnung eines Verfahrens gegen Kanther abgelehnt hatte. Man müsse davon ausgehen, dass die 20,8 Millionen Mark größtenteils aus illegaler Parteienfinanzierung stammten, die aber verjährt sei.

Indem Kanther dieses Geld ins Ausland geschafft habe, habe er es erst für die Partei gesichert und der CDU keinen strafrechtlich bedeutsamen Schaden zugefügt, erklärte das Landgericht. Kanther verteidigte sich damals mit dem Argument, der Betrag sei "durch getreue Verwaltung" im Lauf der Jahre "mindestens verdoppelt" worden; niemand habe sich um einen Pfennig bereichert.

Das OLG argumentierte hingegen: Unabhängig von der Herkunft des Geldes hätten die Angeklagten der CDU rund 90 Prozent des Parteivermögens vorenthalten. Die Partei sei dadurch geschädigt worden. Die Entscheidung das OLG ist endgültig: Gegen den Beschluss ist kein Rechtsmittel möglich.

Die Schwarzgeld-Affäre der hessischen CDU war vor vier Jahren bekannt geworden: Am 14. Januar 2000 enthüllte ihr langjähriger Vorsitzender Manfred Kanther, wie er Anfang der Achtzigerjahre etwa 20 Millionen Mark in die Schweiz verschoben und später Teilbeträge zurückgeschleust hatte, je nach Bedarf. Kanther, der bis 1998 Bundesinnenminister war, zog sich nach dem Eingeständnis in den Anwaltsberuf zurück.

Kompliziert ist der Fall, weil er auf juristischem Neuland spielt. Das alte Parteiengesetz sah für Aktionen wie diese keine strafrechtlichen Sanktionen vor; sie wurden erst als Konsequenz aus den CDU-Finanzaffären dort eingefügt. Ob aber das Strafrecht die Lücke schließen kann, die lange bewusst ein Teil des Parteienrechts gewesen war?

Die Staatsanwaltschaft sieht den Tatbestand der Untreue schon dadurch erfüllt, dass eine Partei über die Existenz von 20 Millionen Mark ahnungslos gehalten wurde. Und die Tat sei nicht 1983 mit der Verschiebung in die Schweiz abgeschlossen gewesen. Das Geld sei doch mit der Absicht dorthin geschafft worden, es nach und nach zurückzuholen - was auch bis 1998 geschah. (Damals übergab Kanther den CDU-Landesvorsitz an Roland Koch.)

Deshalb seien die Taten auch nicht verjährt. Darüber hinaus: Längst besteht die Gefahr, dass die Aktion der Partei finanziell schaden wird. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat ihr eine Strafe von mehr als 20 Millionen Euro auferlegt. Dagegen wehrt sie sich vor dem Bundesverfassungsgericht.

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