Veränderung in der Union:Wer neu ist in der CDU - und wer nur jung

Die CDU-Politiker Helmut Kohl und Angela Merkel 1991 während des Parteitags in Dresden.

Das war 1991, beim Dresdner Parteitag der CDU: Bundeskanzler Helmut Kohl, damals 61, und Angela Merkel, damals 37.

(Foto: picture-alliance / dpa)
  • Der Generationenwechsel in der CDU, den die Jungen von Parteichefin Merkel fordern, hat bereits begonnen.
  • Sieben Landesverbände haben vergleichsweise junge Vorsitzende. Auch in der Unionsfraktion ist die Erneuerung schon zu spüren.
  • In der Bundespartei - und vor allem in der Bundesregierung - hat sich aber noch nicht viel getan.

Von Robert Roßmann, Berlin

In diesen Tagen hat es Angela Merkel noch schwerer als sonst. Auf der einen Seite begehren die Alten auf, Volker Rühe, Friedrich Merz und Roland Koch zuvorderst. Auf der anderen Seite drängen die Jungen, Merkel müsse die CDU erneuern und verjüngen. Die Vorsitzende ist in ihrer Partei in die Defensive geraten. Seit dem schlechten Ergebnis bei den Verhandlungen über die Ressortverteilung bricht Unmut auf, der sich in der CDU über die Jahre aufgestaut hat. Merkel muss sich auf einmal überall rechtfertigen. Dabei hätte sie auch so genügend zu tun. An diesem Freitag empfängt Merkel nacheinander die Regierungschefs von Italien, Polen und Großbritannien. Am Donnerstag war bereits der türkische Ministerpräsident bei ihr.

Die CDU brauche "neue Köpfe in Parteiführung, Regierung und Fraktion", fordert JU-Chef Paul Ziemiak schon seit Wochen. Und in der Tat erweckt die Führung der Union nicht gerade den Eindruck, aus Berufsanfängern zu bestehen. Merkel steht seit 18 Jahren an der Spitze der CDU. CSU-Chef Horst Seehofer ist der dienstälteste Ministerpräsident Deutschlands; als er 1980 das erste Mal in den Bundestag gewählt wurde, war Franz Josef Strauß Kanzlerkandidat. Und Unionsfraktionschef Volker Kauder ist sogar noch einen Tag länger im Amt als Merkel Kanzlerin.

Doch unterhalb dieser Spitze hat sich in der Union bereits einiges getan. Am offensichtlichsten sind die Wechsel in den Staatskanzleien von Sachsen und Schleswig-Holstein. In Michael Kretschmer, 42, und Daniel Günther, 44, stellt die CDU jetzt zwei junge Ministerpräsidenten. Und in Bayern übernimmt demnächst Markus Söder, 51, die Regierungsgeschäfte vom 17 Jahre älteren Seehofer. Auch an der Spitze der Landesverbände hat es eine Verjüngung gegeben. Die CDU-Vorsitzenden von Hamburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Schleswig-Holstein sind zwischen 39 und 46 Jahre alt - und damit für CDU-Verhältnisse Jungspunde. Das Durchschnittsalter der CDU-Mitglieder liegt schließlich bei 60 Jahren.

Nicht nur in den Ländern, auch in der Unionsfraktion hat es Bewegung gegeben. Ende Januar wurden Christian Hirte, 41, und Katja Leikert, 42, neu in die Riege der stellvertretenden Vorsitzenden gewählt, Nadine Schön, 34, wurde als Fraktionsvize bestätigt. Und an Stelle von Gerda Hasselfeldt ist jetzt der 20 Jahre jüngere Alexander Dobrindt als CSU-Landesgruppenchef Volker Kauders erster Stellvertreter in der gesamten Unionsfraktion.

Aber wie sieht es in der Bundespartei aus? CDU-Generalsekretär Peter Tauber - er war bei seiner Wahl 2014 auch erst 39 Jahre alt - hatte gleich nach seinem Amtsantritt eine Parteireform angekündigt, mit der er die CDU "jünger, weiblicher und bunter" machen wollte. Denn auch der Frauenanteil (gut 25 Prozent) und der Anteil an Migranten entspricht in der CDU nicht dem Bevölkerungsdurchschnitt. Im Dezember 2015 verabschiedete ein Bundesparteitag dann das Konzept "Meine CDU 2017. Die Volkspartei". Es sieht eine Vielzahl kleinerer Änderungen vor, mit denen Interessierten der Eintritt und die Mitarbeit in die Partei erleichtert werden soll. Ziel der CDU ist es seitdem unter anderem, den Frauenanteil "in einem ersten Schritt bis 2020 auf über 30 Prozent" zu erhöhen.

Viel geändert hat sich in der CDU dadurch allerdings noch nicht. Parteiapparate sind schwerfällig. Im CDU-Bundesvorstand sind Mitglieder wie die nordrhein-westfälische Integrations-Staatssekretärin Serap Güler, 37, oder der 35-jährige Abgeordnete Stefan Heck immer noch die Ausnahme. JU-Chef Ziemiak, 32, ist kein gewähltes Mitglied, er sitzt nur qua Amt als beratender Teilnehmer im Vorstand. Und im Präsidium, dem engeren Führungszirkel, ist Finanzstaatssekretär Jens Spahn, 37, mit Abstand der jüngste. Am deutlichsten wird das Defizit der CDU in der Bundesregierung. Dort ist bisher Hermann Gröhe trotz seiner fast 57 Jahre der jüngste Vertreter der Christdemokraten.

Ein junger Kopf allein sei noch nicht die Lösung, gibt Merkel zu bedenken

Dabei hat die CDU gute Erfahrungen mit der Wahl vergleichsweise junger Politiker an ihre Spitze gemacht. Helmut Kohl wurde mit 39 Jahren Ministerpräsident und mit 43 CDU-Chef. Er formte - zusammen mit seinen Generalsekretären Kurt Biedenkopf und Heiner Geißler - aus einer verstaubten Honoratioren- eine moderne Mitgliederpartei. Angela Merkel wurde mit 36 Bundesministerin und mit 45 CDU-Vorsitzende. Sie hat ihre Partei inzwischen mindestens so stark verändert, wie es einst Helmut Kohl getan hat.

Sowohl bei Kohl als auch bei Merkel gingen Verjüngung und Erneuerung miteinander einher. Die beiden Begriffe werden in letzter Zeit ja gerne als Synonyme verwendet, dabei sind sie das nicht - zumindest nicht notwendigerweise. Als Philipp Rösler im Jahr 2011 mit 38 Jahren FDP-Chef wurde, hatten die Liberalen zwar eine junge Spitze, von programmatischer Erneuerung war bei Rösler aber nichts zu spüren. Und Jens Spahn ist zwar vergleichsweise jung - aber ist er auch "neu", nach mehr als 15 Jahren im Bundestag?

Merkel hat - auf Druck der JU und von Politikern wie Spahn - angekündigt, dass sie in der nächsten Regierung auch neue Gesichter präsentieren werde. Wegen des Ausscheidens von Wolfgang Schäuble, Thomas de Maizière und Johanna Wanka kann sie sogar dann, wenn sie sich von keinem bisherigen Minister trennt, drei Ressorts neu besetzen. Allzu viel Hoffnungen sollte sich die JU allerdings nicht machen. Die CDU sei immer stark, wenn es eine Mischung aus Alten und Jungen gebe, hat Merkel auf dem JU-Deutschlandtag gesagt. Ein junger Kopf allein sei noch nicht die Lösung des Problems.

Jetzt hören - Der SZ-Podcast "Das Thema" über Angela Merkels letztes Kapitel:

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