CDU-Parteitag:Was der Applaus über Politik verrät

Angela Merkel auf dem CDU-Parteitag in Karlsruhe

Angela Merkel bekommt Applaus nach ihrer Rede in Karlsruhe.

(Foto: REUTERS)

Die Länge des Beifalls auf einem Parteitag ist ein beliebter Gradmesser für den Rückhalt, den ein Politiker genießt. Wie schnitt Merkel diesmal ab?

Von Markus C. Schulte von Drach

Neun Minuten haben die Delegierten auf dem CDU-Parteitag ihrer Vorsitzenden Angela Merkel Beifall gespendet - und sie hätten noch länger applaudiert, wenn die Kanzlerin sie nicht selbst gebeten hätte, aufzuhören.

Das ist ungewöhnlich lang - angesichts der Kritik, die in der Partei an Merkel geübt worden war. Am Applaus nach den Parteitagsreden der Parteigrößen lässt sich schließlich die Begeisterung der Delegierten für sie ablesen - so wird gemeinhin angenommen. Deshalb stoppen manche Journalisten die Länge des Beifalls.

Aber ganz so einfach ist es vielleicht doch nicht. So schwankte die Länge der teils stehenden Ovationen bei Angela Merkel in der Vergangenheit stark. 2005 konnte die damalige Kanzlerkandidatin ihren Rekord aufstellen - sowohl auf dem CDU-Parteitag als auch auf dem der Schwesterpartei CSU: 13 Minuten. Die CSU-Delegierten demonstrierten so ausdrücklich ihre Unterstützung für die Kanzlerkandidatin. Schließlich hatte diese bei der vorherigen Bundestagswahl dem CSU-Chef Edmund Stoiber den Vortritt als Kandidat gelassen.

Auch der damalige Kanzler Gerhard Schröder kam auf dem SPD-Parteitag 2005 übrigens auf exakt die gleiche Beifallslänge von 13 Minuten.

In den Jahren danach feierten die CDU-Delegierten Merkel deutlich weniger. Allerdings spiegelte sich das nicht in den Wahlergebnissen zur Parteivorsitzende wider, die auch bei weniger Beifall gut waren. So erhielt Merkel 2012 "nur" acht Minuten Applaus, kam aber auf 97 Prozent der Stimmen.

Nach dem Wahlsieg 2009 wuchs der Beifall vorübergehend wieder deutlich, sackte wieder ab und stieg trotz der wachsenden Kritik innerhalb der Partei an Merkels Flüchtlingspolitik auf dem Parteitag 2014 auf zehn Minuten. Darüber hinaus wählten 96,7 Prozent der Delegierten sie dort wieder zur Parteichefin. Auch der Applaus auf dem Parteitag jetzt in Karlsruhe zeigt wohl deutlich, dass die Partei ganz klar hinter ihr steht.

Gemeinhin wird davon ausgegangen, dass alles, was unter fünf Minuten liegt, ein Ausdruck von Unzufriedenheit und Kritik ist. Das bekam Vizekanzler und SPD-Parteichef Sigmar Gabriel jüngst bei seiner Rede zur Wiederwahl als Parteivorsitzender zu spüren. Viereinhalb Minuten Applaus - und nur 74,3 Prozent der Delegiertenstimmen.

Den Weltrekord im am längsten anhaltenden Applaus hält übrigens der Opernstar Luciano Pavarotti, dem das Publikum 1988 nach einem Auftritt in Berlin 67 Minuten lang ununterbrochen Beifall spendete.

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