CDU:Offene Debatte

In der Union mehren sich die Stimmen, die zumindest über eine Gleichstellung homosexueller Paare diskutieren wollen.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Nach der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare in Irland und scharfer Kritik aus dem Vatikan daran wächst in der Union im Bundestag der Zwist über die Gleichstellung homosexueller Paare. Die CSU-Familienpolitikerin Gudrun Zollner zeigte sich "grundsätzlich offen" für die Debatte. "Wenn Menschen verantwortungsvoll miteinander umgehen und eine Partnerschaft auf Lebenszeit eingehen wollen, dann müssen wir das natürlich unterstützen", sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Zollner, die als Berichterstatterin der CDU/CSU-Fraktion im Familienausschuss sitzt, warnte davor, das Thema zu verdrängen. "Der Begriff Ehe muss diskutiert werden innerhalb unserer Fraktion", sagte sie. "Es reicht nicht, wenn wir sagen, die Gleichstellung ist im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen."

Gemeint war damit auch Unions-Fraktionsvorsitzender Volker Kauder (CDU), der erklärt hatte, für ihn bleibe die Ehe im Sinne des Grundgesetzes die Verbindung von Mann und Frau. "Die sogenannte Homo-Ehe, also die Öffnung der Ehe auch für gleichgeschlechtliche Verbindungen, lehne ich ab - auch weil ich die Volladoption durch Lebenspartner nicht für richtig halte", sagte Kauder der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Dem widersprachen die stellvertretenden Vorsitzenden der Unionsfraktion, Thomas Strobl und Nadine Schön (beide CDU). Die Union müsse sich der Frage stellen, "was Ehe und Familie im 21. Jahrhundert bedeuten", sagte Strobl der Rheinischen Post. "Wir sollten einen offenen Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen werfen." Es entgehe der Union nicht, "was in unserem eigenen Land und um uns herum in Europa passiert", sagte er. Gemeint war damit die Entscheidung der Iren für die volle Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Wie in Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden, Dänemark und Spanien können gleichgeschlechtliche Paaren auch in Irland künftig nicht-leibliche Kinder adoptieren.

Die CDU-Familienpolitikerin Nadine Schön, die Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist, plädierte für eine Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare. Sie fühle sich an die Position ihrer Partei gebunden, werbe aber dafür, "dass wir die Frage der Gesellschafts- und Familienpolitik auf dem nächsten Parteitag vom Grunde auf führen", sagte sie dem Magazin Focus. Der Staat solle Menschen unterstützen, die lebenslange Verantwortung füreinander übernehmen wollten und Familien, die Kinder großziehen. CDU-Vizechefin Julia Klöckner zeigte sich offen für den Wunsch homosexueller Paare, von einem katholischen Priester gesegnet zu werden. "Ich denke, eingetragene Lebenspartnerschaften kirchlich segnen zu lassen, ist keine Zumutung, sondern menschlich", sagte sie am Donnerstag in Mainz. "Wer füreinander Pflichten übernimmt, der muss natürlich auch Rechte bekommen."

Am Mittwoch hatte das Bundeskabinett ohne Aussprache einen Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) beschlossen, der etwa 30 Änderungen an gesetzlichen Verordnungen vorsieht. Dort sollen außer Ehepartnern auch eingetragene Lebenspartner erwähnt werden. Die Opposition kritisierte den Entwurf als unzureichend. Er nehme nur kosmetische Korrekturen vor, statt Homosexuelle gleichzustellen. Auch Justizminister Maas betonte, dass Gleichstellung noch nicht erreicht sei. Wegen des Widerstand aus der Union ist es Lebenspartnern bisher verboten, nicht-leibliche Kinder zu adoptieren.

Bundestagsfraktionssitzung CDU/CSU

Klare Ansage: Für Fraktionschef Volker Kauder ist eine Ehe eine Verbindung von Mann und Frau.

(Foto: Maurizio Gambarini/dpa)

Die Unterschiede seien begründet in "kulturellen und religiösen Traditionen"

Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte am Mittwoch, die Koalition plane keine Gleichstellung von Lebenspartnerschaft und Ehe. "Lebenspartnerschaften nicht zu diskriminieren, das ist das klare Ziel der Bundesregierung", so Seibert. "Eine Gleichsetzung mit der Ehe ist es nicht." Die Unterschiede zwischen Lebenspartnerschaft und Ehe seien "begründet in den Traditionen, kulturellen und religiösen Grundlagen unseres Landes". Die rot-rote Landesregierung von Brandenburg kündigte an, mit Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eine Bundesrats-Initiative zur Gleichstellung zu unterstützen. Die Zeit sei reif, sagte der Bevollmächtigte des Landes beim Bund, Thomas Kralinski.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: