CDU:Nicht immer auf Parteilinie

Paul Ziemiak beim Deutschlandtag der Jungen Union

Paul Ziemiak, 30, wurde im September 2014 zum Bundesvorsitzenden der Jungen Union gewählt.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Er hält die aktuelle Rentenpolitik für falsch und will die Wirtschaft stärken: JU-Chef Paul Ziemiak strebt in den Bundestag.

Von Robert Roßmann, Berlin

Eigentlich kann sich Paul Ziemiak schon bisher nicht über mangelnde Aufmerksamkeit beklagen. Der Mann ist Vorsitzender der Jungen Union. Die gemeinsame Jugendorganisation von CDU und CSU hat 117 000 Mitglieder - und ist damit so stark wie Grüne und Linke zusammen. Weil der 30-Jährige gerne deutlich formuliert und dabei nicht immer auf Linie der Parteispitze liegt, wird er regelmäßig in Talkshows und Fernsehstudios eingeladen. Am Donnerstagabend diskutierte er bei Maybrit Illner über die Rentenpolitik. Doch seine Rolle als JU-Chef reicht Ziemiak offensichtlich nicht mehr. Der Kreisvorstand der Herner CDU hat den JU-Chef jetzt einstimmig als Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2017 nominiert.

"Ich sitze im CDU-Bundesvorstand und bin nun eineinhalb Jahre Vorsitzender der Jungen Union", sagt Ziemiak der Süddeutschen Zeitung. In dieser Zeit habe er "viel zu erreichen versucht". Aber das Gremium, in dem die wichtigsten politischen Entscheidungen getroffen werden, sei der Bundestag. Deshalb wolle er sich jetzt um ein Mandat bewerben. "Dort möchte ich mich vor allem um die Generationengerechtigkeit kümmern", sagt Ziemiak. Denn die aktuelle Rentendebatte laufe "doch vollkommen falsch - es geht nur noch ums Verteilen, aber nicht mehr ums Erwirtschaften". Da brauche es "junge Stimmen im Bundestag". Ziemiak zieht es in den Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales, ihn interessieren aber auch die Wirtschafts- und die Innenpolitik.

Die Rente mit 63 lehnt er ab, von der Regierung Merkel fordert er einen "Kurswechsel"

Ziemiak hat eine - zumindest für die Junge Union - ungewöhnliche Biografie. Er ist gebürtiger Stettiner. Seine Familie kam erst 1988 aus Polen in die Bundesrepublik. Die ersten Wochen in Deutschland lebte sie in einem Auffanglager, Ziemiak lernte erst im Kindergarten Deutsch. Seit 2011 ist er Vorsitzender der CDU Iserlohn. 2014 setzte er sich in einer Kampfabstimmung um die Nachfolge Philipp Mißfelders als JU-Chef durch, auch dank einer furiosen Rede. Seitdem fällt Ziemiak regelmäßig durch politische Vorstöße auf.

Im März forderte einen "Kurswechsel" der Regierung von Angela Merkel. "Statt ständig neuer Sozialprojekte" sei jetzt "eine Fokussierung auf Wirtschaftsförderung nötig", sagte er damals. Die Regierung habe "ein sozialpolitisches Feuerwerk gezündet". Jetzt sei es aber an der Zeit, auch die Wirtschaft zu stärken. Die Einführung der Rente mit 63 bezeichnete er als Fehler. Stattdessen forderte er, das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu koppeln. Auch auf den letzten beiden Bundesparteitagen machte Ziemiak der CDU-Spitze das Leben schwer. 2014 stritt er für die Abschaffung der kalten Progression im Steuerrecht, 2015 für einen schärferen Kurs in der Flüchtlingspolitik.

Gegnerin Ziemiaks im Wahlkreis "Herne-Bochum II" wird Michelle Müntefering (SPD) sein. Der JU-Chef sagt zwar, das sei "ein spannender Wahlkreis, es wird knapp ausgehen". Doch da schwingt sehr viel Hoffnung mit. Bei der Wahl 2013 lag Müntefering trotz des schlechten SPD-Ergebnisses im Bund fast 20 Prozentpunkte vor der CDU-Kandidatin. Im Vorstand der NRW-CDU heißt es deshalb, man habe Ziemiak bereits einen sicheren Platz auf der Landesliste zugesagt. Und so dürfte der Einzug Ziemiaks in den Bundestag nicht mehr aufzuhalten sein.

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