CDU-Landesverbände:Wenn CDU-Wähler zur AfD überlaufen

Wahlkampfveranstaltung der CDU Baden-Württemberg

Merkel greift in den Landtagswahlkampf ein - hier im baden-württembergischen Radolfzell. Als Ministerpräsident im Südwesten bewirbt sich Guido Wolf.

(Foto: dpa)

Vor allem die männliche CDU-Klientel ist unzufrieden mit Merkels Flüchtlingspolitik. Das hat für die drei anstehenden Landtagswahlen Konsequenzen.

Von Josef Kelnberger, Susanne Höll und Cornelius Pollmer

Die Wahlkämpfer in Rheinland-Pfalz mit Spitzenkandidatin Julia Klöckner müssen inzwischen um viele Stimmen traditioneller Wähler ringen, jedenfalls dann, wenn es sich um Männer handelt. Die, so erzählen Kandidaten für den Mainzer Landtag, hätten in diesen Wochen nur ein Thema im Kopf - die Flüchtlinge. Und gäben ziemlich offenherzig zu verstehen, dass sie am 13. März lieber die AfD als die Christdemokraten wählen würden. Und es ab und an bedauerten, dass sie an Rhein und Mosel nicht für die CSU stimmen könnten.

Die Umfragen bestätigen das mulmige Gefühl der schwarzen Aktivisten. Bis zum Herbst lag die CDU noch mit gut 40 Prozent auf dem ersten Platz , deutlich vor der regierenden SPD. Inzwischen ist der Vorsprung geschmolzen, die Christdemokraten können, wenn man den Demoskopen glaubt, mit 38 Prozent, die SPD wiederum mit um die 31 Prozent rechnen. Der Kurs der Kanzlerin wird zum Wahlkampfrisiko. Und dennoch wirbt man mit Merkel - insgesamt zehn Auftritte der Kanzlerin sind bis März geplant. Aber zugleich macht Klöckner bei jeder sich bietenden Gelegenheit deutlich, dass die Zuwanderung begrenzt und mehr abgelehnte Asylbewerber abgeschoben werden müssen.

Auch in Baden-Württemberg berichten CDU-Landtagskandidaten von großer Unzufriedenheit an der Basis. Angesichts von Umfragewerten, die Richtung 30 Prozent sinken, müssen viele um ihr Mandat fürchten. Die CDU verliert offenbar nicht nur an die AfD, sondern auch an die FDP. Guido Wolf hat die Partei dennoch auf Merkel-Solidaritätskurs gehalten, kräftig assistiert vom Landesvorsitzenden Thomas Strobl, der Merkels Stellvertreter im Bund ist und zugleich stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion in Berlin. Diese Woche zeigte sich Wolf Seite an Seite mit Angela Merkel, die erstmals in den Wahlkampf in Baden-Württemberg eingriff. Die Kanzlerin bekam vor den Veranstaltungshallen etliche "Buhs" zu hören, vorwiegend allerdings von Milchbauern, die von der Agrarpolitik der Bundesregierung enttäuscht sind. In den Arenen: freundlicher Applaus. Die Stimmung ist vielleicht ein wenig besser als die tatsächliche Lage.

Die Ironie der Geschichte: Der Sinkflug in den Umfragen und der voraussichtliche Einzug der AfD in den Landtag wird Wolf vermutlich zum Ministerpräsidenten machen. Grün-Rot ist laut Umfragen zwar stärker als Schwarz-Gelb, doch in einem Fünf-Parteien-Parlament ist die Mehrheit von Ministerpräsident Kretschmann dahin - vorausgesetzt natürlich, die CDU bleibt vor den Grünen.

In Sachsen-Anhalt gibt der Ministerpräsident den Seehofer

Wie die Laune ihrer Partei in Sachsen-Anhalt ist, konnte Angela Merkel am vergangenen Wochenende selbst überprüfen. In Magdeburg stimmte Ministerpräsident Reiner Haseloff seinen Landesverband auf die entscheidenden Wochen des Wahlkampfes ein, die Bundeskanzlerin hielt eine Rede. Merkel erörterte das große Ganze, für Sachsen-Anhalt hatte sie nur ein paar verhalten kämpferische Wahlkampf-Sätze übrig.

Zu begründen dürfte dies auch damit sein, dass Reiner Haseloff in den vergangenen Monaten gelegentlich den Eindruck erweckte, er nehme an einem Seehofer-Ähnlichkeitswettbewerb teil, teilweise vor Horst Seehofer selbst. Schon im September des vergangenen Jahres forderte Haseloff Ausnahmen vom Mindestlohn für Geflüchtete, auch das Schlagwort Obergrenze führte er mit als Erster im Munde: 12 000 im Jahr, mehr werde sein Bundesland nicht verkraften.

Gut zwei Wochen ist es her, da sagte Haseloff, das Land erlebe "einen Kontrollverlust, der nicht länger hinnehmbar ist", die Stimmung in der Bevölkerung kippe. Für diese Einschätzung erhielt der Ministerpräsident an diesem Mittwoch eine Bestätigung, auf die er vermutlich gerne verzichtet hätte. In der aktuellen Wahlumfrage des Mitteldeutschen Rundfunks für Sachsen-Anhalt hat die AfD noch einmal zugelegt, auf nun 17 Prozent.

Das ist der bundesweit höchste Wert und er birgt schon jetzt gehöriges Knatsch-Potenzial für den wahrscheinlichsten Wahlausgang, eine Fortsetzung der großen Koalition. Während die CDU zunehmend härter den Rand nach rechts abzudichten versucht, steht an ihrer Seite eine langsam dahinbröckelnde SPD (18 Prozent), für deren Selbstbehauptung gerade das Thema Integration ein entscheidendes ist. Der Kurs von Merkel, er bereitet nicht nur der CDU Probleme. Sondern erledigt die SPD offenbar gleich mit.

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