CDU auf Konfrontationskurs:Leises Leiden

Die CDU profitiert von der Niederlage der Grünen in Stuttgart, Angela Merkel zeigt ihre Krallen. Auch wenn der neue Kurs vielen geäfllt, Freunde von Schwarz-Grün haben es schwer in der Union.

Stefan Braun

Offiziell ist die CDU-Spitze zur Zeit mit der Welt sehr zufrieden. Ob im Bundestag oder vor der großen blauen Wand in der Parteizentrale - in Berlin trifft man fast nur glückliche Christdemokraten. Der Grund ist einfach: Fürs Erste läuft alles prima. Angela Merkel zeigt sich so kämpferisch, wie viele in der CDU es sich erträumt haben.

OSZE-Gipfel - Merkel

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hat gut lachen: Ihr neuer, bissiger Kurs scheint zu funktionieren.

(Foto: dpa)

Dazu erleichtert die Schlichtung zu Stuttgart 21 das Leben. Dort wird zwar vieles geprüft, aber eines steht fest: Der Bahnhof wird gebaut. Selbst der Wermutstropfen von Hamburg - der Abschied der Grünen aus der Regierung - wird dadurch ausgeglichen, dass die Grünen für diesen Ausstieg keinen einleuchtenden Grund geliefert haben. Aus dem von Merkel ausgerufenen Herbst der Entscheidungen könnte ein Winter des Erfolgs werden. "Wir sind sehr zufrieden", heißt es bei vielen in der CDU-Spitze. "Wir sind wieder in der Offensive - dank den Grünen."

Sicher, bei einem ersten Blick auf die Lage in Hamburg mutet das absurd an. Die aktuellen Umfragen dort verheißen für die CDU nichts Gutes. Doch wer die Hierarchien bei der CDU kennt, weiß schnell: Eine Niederlage dort wäre unangenehm, aber erst eine Niederlage in Baden-Württemberg wäre eine Katastrophe. Und um das zu verhindern, kann ausgerechnet die Volte der Grünen in Hamburg helfen. "Die flüchten aus der Verantwortung", sagt CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Einer aus der Parteizentrale ergänzt: "Besseres zur Bestätigung unserer Kritik an der 'Anti-Partei' hätten wir nicht finden können."

Hinter der neuen Tonlage der CDU steckt eine Erkenntnis aus dem Sommer 2009. Im Bundestagswahlkampf bestand Merkels zentrale Strategie darin, auf Profilierung zu verzichten, um die Anhänger des Gegners einzuschläfern. Heute weiß die CDU-Spitze, dass Merkels Weichspültaktik im Westen, Norden und Osten funktionierte, in Baden-Württemberg und Bayern aber versagte. Kein Wunder, dass die Wahlkämpfer im Südwesten schon jetzt - also Monate vor der Wahl 2011 - keine sanfte, sondern eine krallenreiche Merkel verlangen.

Winter der Zwiespältigkeiten

Manch einen aber schmerzt diese Kursänderung. Und das gilt ausgerechnet für viele Merkelianer. Mit Ausnahme des entschiedenen Grünen-Skeptikers Volker Kauder gehören die allermeisten Mitstreiter der Bundeskanzlerin ausgerechnet jenem Lager an, das seit Ende der neunziger Jahre nichts spannender fand als ein Bündnis mit den Grünen. Gemeint sind Generalsekretär Gröhe, Kanzleramtsminister Ronald Pofalla, Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier, Umweltminister Norbert Röttgen und Merkels Intimus Peter Hintze. Sie erleben einen Winter der Zwiespältigkeiten.

Das bedeutet nicht, dass sie Merkels Kurs nicht mittragen würden. Sie alle haben sich gerade wegen ihrer guten Kontakte zu den Grünen über deren Verhalten im Streit über die Atompolitik und Stuttgart 21 geärgert. Wer sie auf ihre Lage anspricht, bekommt deshalb wortreich zu hören, dass das "schwarz- grüne Herz" nie bedeutet habe, "dass wir aus dem Fenster springen, wenn nicht gleich morgen eine Koalition kommt". Doch neben derlei Sätze schleichen sich Erklärungen, die der Selbstberuhigung dienen. "Sie dürfen ihre Politikfähigkeit nicht verlieren", heißt es dann. Und: "In der zweiten Hälfte der Legislaturperiode wird sich das wieder wandeln."

Ob das so kommt, ist jedoch fraglich. Andere nämlich genießen die neue Lage. Fraktionschef Kauder zum Beispiel sagte dieser Tage ganz ohne Bedauern, die Grünen seien kein Koalitionspartner, auch nicht nach 2013.

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