Betreuungsgeld-Debatte in CDU:Und am Ende steht die Mehrheit

Ewa zwei Dutzend CDU-Abgeordnete haben damit gedroht, dem Betreuungsgeld im Parlament die Stimme zu verweigern. Seither raucht es. Doch trotz der massiven Kritik in der Koalition dürfte wohl keiner der Abweichler an einem Bruch von Schwarz-Gelb interessiert sein.

Nico Fried

Michael Kretschmer von der CDU ist mit 36 Jahren ein relativ junger Politiker, der es als einer der stellvertretenden Vorsitzenden der Unions-Fraktion schon weit gebracht hat. Dieser Tage allerdings gilt für ihn, was schon mancher auf dem Weg nach oben erkannt hat: Man lernt nie aus. Kretschmer hat jüngst einen Brief an seinen Chef Volker Kauder unterzeichnet, in dem er mit etwa zwei Dutzend anderen Abgeordneten damit droht, dem Betreuungsgeld im Parlament die Stimme zu verweigern. Seither raucht es über der Koalition so stark, dass man unterm Dach ein beachtliches Feuer vermuten darf.

Über diese brisante Entwicklung seien er und seine Mitstreiter erschrocken, hat Kretschmer jetzt der Leipziger Volkszeitung gestanden. Dass der Brief an die Öffentlichkeit gelangen könnte, damit habe er nicht gerechnet. Das muss man wohl naiv nennen angesichts der Brisanz des Themas und der Tatsache, dass im Berliner Betrieb selten etwas verborgen bleibt, wenn mehr als zwei Leute davon wissen. Für ihn persönlich jedenfalls habe der Fortbestand der Koalition Vorrang vor einer Blockade des Betreuungsgeldes, hat Kretschmer gesagt. Damit ist der erste Abweichler aus Sicht der Koalitionsspitze wieder auf Linie gebracht. Weitere werden folgen.

Das kleinste Problem ist die FDP

Das Betreuungsgeld haben CDU, CSU und FDP im Koalitionsvertrag beschlossen. Der wurde von allen Partnern auf Parteitagen gebilligt. Im vergangenen November bekräftigte ein Koalitionsausschuss diese Linie noch einmal. Wirklich aus Überzeugung ist allenfalls die CSU für das Betreuungsgeld. Bei Kanzlerin Angela Merkel und Familienministerin Kristina Schröder (CDU) gibt es Grund zur Annahme, dass sie nur so tun. Klar gegen die Pläne sind außer der Wirtschaft, der Opposition und der FDP auch diverse Grüppchen der CDU: Familienpolitiker und -politikerinnen, die fürchten, die Union verliere den Anschluss an die Lebenswirklichkeit; Haushaltspolitiker, die grundsätzlich jeder neuen staatlichen Leistung mit Argwohn begegnen; Innenpolitiker, die sich sorgen, das Betreuungsgeld könne dem Zuzug von Ausländern ins Sozialsystem Nahrung geben.

Das kleinste Problem ist die FDP. Deren Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagt zwar im Spiegel, der Ausbau der Kinderbetreuung müsse Vorrang haben und das Betreuungsgeld passe "eigentlich" nicht mehr in die Zeit. Gleichwohl sagt Leutheusser nichts, was sie oder die FDP daran hindern würde, am Ende doch noch zuzustimmen.

Mit den Briefeschreibern in der CDU verhält es sich etwas anders. Sie sagen, dass sie einem Betreuungsgeld nicht zustimmen würden, das den Vorstellungen der bayerischen Sozialministerin Christine Haderthauer entspräche. Deren Kernpunkte sind die Barauszahlung und die Höhe von 100 Euro im Jahr 2013 und 150 Euro von 2014 an. Dass die CSU an diesen Punkten Änderungen zustimmt, erscheint sehr zweifelhaft. Wohl aber könnte man diese Punkte ergänzen, zum Beispiel um Bedingungen wie den nachgewiesenen Besuch bei allen Vorsorgeuntersuchungen. Ob damit dem Änderungsbedarf ausreichend Genüge getan wäre, hinge letztlich von der Interpretation jedes einzelnen Abgeordneten ab. Dass am Ende eine Mehrheit steht, darf als wahrscheinlich gelten - die Verantwortung für den Bruch einer Koalition zu übernehmen, darauf dürfte von den Kritikern des Betreuungsgeldes kaum jemand ernsthaft erpicht sein.

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