C-Waffen-Einsatz in Syrien:USA sehen sich durch UN-Bericht zu Giftgasangriffen bestätigt

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UN-Inspekteure bei der Arbeit in Syrien (Archivbild von Ende August) (Foto: dpa)

Die UN-Inspekteure weisen den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien nach, aber die Schuldigen dürfen sie nicht nennen. Doch für die USA und andere Westmächte lassen die technischen Befunde nur einen Schluss zu: Das Regime in Damaskus führte die Giftgasangriffe aus. Anders sieht das Russland.

Jetzt ist es offiziell. Die UN-Inspekteure bestätigen, was mehrere westliche Staaten und die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bereits vermutet hatten: In Syrien wurde der chemische Kampfstoff Sarin eingesetzt. Doch wer dafür verantwortlich ist, steht nicht in dem Bericht. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nannte keinen Schuldigen, sagte aber, die Fakten sprächen für sich selbst. Das sehen andere auch so.

Der UN-Bericht erhärtet nach Einschätzung des Westens, dass das syrische Regime für den Giftgasangriff im August verantwortlich ist. Die Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama, Susan Rice, erklärte am Montagabend (Ortszeit), die in dem Report enthaltenen technischen Beweise, "bekräftigen unsere Einschätzung, dass diese Attacken vom syrischen Regime ausgeführt wurden". Nur das Regime habe nämlich die Fähigkeiten besessen, einen derartigen Angriff auszuführen, sagte Rice zur Begründung. Als Beweise führte sie etwa die Qualität des eingesetzten Sarin-Gases und die Art der verwendeten Raketen an.

Diese Einschätzung wird in London und Paris geteilt. Für den britischen Außenminister William Hague und seinen französischen Amtskollegen Laurent Fabius steckt Syriens Machthaber Baschar al-Assad hinter dem Chemiewaffeneinsatz.

Wenn man zwischen den Zeilen lese, sei es nicht schwierig, die Schuldigen zu finden, schreibt auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Sowohl die 330-Millimeter-Raketen mit 50 bis 60 Liter Sarin als auch die 140-Millimeter-Raketen russischer Bauart gehörten zum Arsenal der syrischen Armee. Sie seien nie in der Hand der Rebellen gesehen worden. Auch der Einsatz einer solch bedeutsamen Menge an Sarin weise auf eine Verantwortung der Regierung hin. Human Rights Watch war bereits in einer eigenen Untersuchung zu dem Schluss gekommen, dass wohl die syrische Regierung für den Einsatz der C-Waffen verantwortlich war.

Moskau sieht keine klaren Hinweise auf Verantwortliche

Ein Sprecher der Freien Syrischen Armee sagte der Nachrichtenagentur dpa ebenfalls, der UN-Bericht weise klar auf die Täterschaft des Assad-Regimes hin. Syriens Regierung und die Rebellen beschuldigen sich gegenseitig, die weltweit geächteten Waffen einzusetzen.

Dagegen erklärte der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin, der Bericht enthalte keine klaren Hinweise auf die Verantwortlichen. Das Papier sei voller technischer Details und müsse genau studiert werden. Das Dokument vermeide Bewertungen und Schlussfolgerungen, betonte Tschurkin nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass. Auch der russische Außenminister Sergej Lawrow erklärte, dass der Bericht nicht alle Fragen Russlands zu dem Giftgasangriff beantworte. Sein Land habe nach wie vor Gründe anzunehmen, dass es sich bei dem Angriff um eine Provokation gehandelt habe.

China bezog nicht unmittelbar Stellung zum UN-Bericht. Die Regierung in Peking werde einen "ernsthaften Blick" darauf werfen, teilte das chinesische Außenministerium der arabischen Nachrichtenseite Al-Jazeera zufolge mit.

Die UN-Chemiewaffeninspekteure hatten in ihrem Bericht für einen Einsatz des Nervengases Sarin in Syrien "klare und überzeugende" Beweise gefunden. Das Giftgas sei am 21. August in der Nähe von Damaskus mit Boden-Boden-Raketen verschossen und "auch gegen Zivilisten, darunter viele Kinder", eingesetzt worden. Das geht aus dem 38-seitigen Bericht des schwedischen Professors Åke Sellström hervor, den die Vereinten Nationen am Montag in New York vorstellten.

Bei dem Giftgasangriff vor vier Wochen sollen mehr als 1400 Menschen ums Leben gekommen sei. Das Mandat der Inspekteure gestattete nur zu untersuchen, ob und welche Chemiewaffen eingesetzt worden sind. Dagegen sollte die Frage, wer für den tödlichen Einsatz verantwortlich ist, ausdrücklich nicht beantwortet werden.

Streit um UN-Resolution

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach bei der Vorstellung des Berichts von einem schweren Schock. "Dies ist ein Kriegsverbrechen und eine grobe Verletzung des internationalen Rechts", sagte Ban. "Es ist der bedeutendste bestätigte Einsatz chemischer Waffen gegen Zivilisten seit dem Angriff Saddam Husseins auf Halabdscha 1988. Und es ist der furchtbarste Einsatz von Massenvernichtungsmitteln im 21. Jahrhundert. Die Menschheit hat die Pflicht, den Einsatz solcher Waffen zu unterbinden."

Nach einer Vereinbarung der USA mit Russland muss das Assad-Regime sein Chemiewaffenarsenal bis Samstag offenlegen. Bis Mitte 2014 sollen die Chemiewaffen aus dem Bürgerkriegsland gebracht und zerstört werden. Allerdings geht der ehrgeizige Plan nur auf, wenn das Assad-Regime in vollem Umfang kooperiert. Mit einer "starken und bindenden" UN-Resolution wollen die USA, Frankreich und Großbritannien deshalb im UN-Sicherheitsrat den Druck auf die syrische Führung erhöhen. Allerdings bremst Russland den Westen erneut aus.

© Süddeutsche.de/dpa/Reuters/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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