Bush und seine sprachlichen Aussetzer:Die Faxen des Bösen

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"Da wo Flügel Träume bekommen": Kaum ein US-Präsident ist öfter ins Fettnäpfchen getreten als George W. Bush - zur Freude der ganzen Welt.

Reymer Klüver, Washington

Es gibt nicht viele Amerikaner, die Präsident George W. Bush nachtrauern werden, wenn er am kommenden Dienstag die Amtsgeschäfte an Barack Obama übergibt. Selbst unter seinen Parteifreunden findet man genug Verächter.

Einer, der sich traute: George W. Bush tanzt mit einer afrikanischen Gruppe. Die Aufnahme entstand im April 2007 im Garten des Weißen Hauses (Foto: Foto: AFP)

Und als er am Montag versuchte, in einer Pressekonferenz sein politisches Erbe zu verteidigen, ging eine Welle der Häme durchs Land - wo man auch hinschaute, bei CNN oder ABC, in den Leserkommentaren der Blogs von Washington Post oder New York Times.

Doch in einem gewissen Sinn mag sich auch Wehmut bei dem einen oder anderen einstellen, der Bushs sprachliche Aussetzer und verbale Verrenkungen über die Jahre verfolgt hat. Denn eines war ihnen sicherlich nicht abzusprechen: hoher Unterhaltungswert.

Es gibt Hitlisten der besten Bushisms, also der blödesten Sprachpatzer und Wortstraucheleien des Vormanns der Nation. Im Internet kann man sogar seine Stimme für seinen persönlichen Lieblingsunsinnspruch des Präsidenten abgeben.

Ist es nun seine berühmte Aufforderung, ihn ja nicht zu "verunterschätzen"? Oder doch der fast poetische Satz: "Familien - das ist da, wo unsere Nation Hoffnung findet, wo Flügel Träume bekommen."

Oder wie wäre es mit dem Patzer des Präsidenten, der zu Beginn seiner Amtszeit den schlechten Bildungsstandard seiner Landsleute beklagte und den Schulen ein Reformprogramm verordnete: "Selten wird die Frage gestellt: Lernt unsere Kinder?"

Wie Recht er hatte.

In den Augen seiner Verächter dürfte dies der entlarvendste Spruch sein: "Unsere Feinde sind innovativ und erfinderisch. Und das sind wir auch. Sie hören nie auf, darüber nachzudenken, wie sie unserem Land und unserem Volk Schaden zufügen könnten. Genauso wenig wie wir das tun."

Verlockend ist der Gedanke, von seinem hölzernen Redestil auf seinen Regierungsstil schließen zu wollen. So wie er die englische Sprache, wenn sie ihm nicht gefügig sein wollte, seinem Willen zu unterwerfen trachtete und dabei Sprachungetüme schuf, genau so versuchte er, der Welt seine Weltsicht aufzuzwingen, von der Achse des Bösen bis zur Propagierung von Enthaltsamkeit im Kampf gegen Aids.

Aber vielleicht ist das doch etwas zu sehr in seinem Stil gedacht, schwarz-weiß, holzschnittartig.

Und eigentlich muss es einen schon wieder einnehmen für diesen Mann, wenn er sichtbar für die ganze Nation mit seiner Muttersprache bei jedem seiner öffentlichen Auftritte gerungen hat. Und der, durchaus zur Selbstironie fähig, sich mitunter bewusst zum Kasper machte.

"Ich bin nicht im Meer aufgewachsen" - Lesen Sie auf der nächsten Seite, was George W. Bush von seiner Jugend erzählt - und worin wohl seine größte Fehlleistung im staatsmännischen Miteinander besteht.

Peinlichste Verbal-Patzer von George W. Bush
:"Völlig verunterschätzt"

Wohl kein Spitzenpolitiker verhaspelte sich so oft: Die peinlichsten Patzer des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush.

Der Institution des amerikanischen Präsidenten musste man Respekt entgegenbringen, der Person des Präsidenten konnte man durchaus unbekümmerter entgegentreten. So genau nahm er es nicht: "Ich bin George", sagte er am Montag auf seiner letzten Pressekonferenz einer verdutzten Korrespondentin im Weißen Haus.

Bush und das Bunny: Der Präsident kuschelt mit einem Osterhasen im März 2008 (Foto: Foto: AFP)

Das ist derselbe George Bush, der bei einer anderen Pressekonferenz gesagt hatte: "Ich bin der Entscheider. Ich entscheide, was das Beste ist."

Unbekümmert undiplomatisch war er im Frühjahr, als er Papst Benedikt XVI. bei dessen umjubeltem Besuch in Washington zu einer Ansprache gratulierte: "Danke sehr, Eure Heiligkeit, tolle Rede."

Seinen treuesten Verbündeten, den britischen Premier Tony Blair, verteidigte er auf seine Weise: "Ich hab' gehört, dass er Bushs Pudel genannt wird. Dabei ist er größer."

Legendäre Nackenmasage für die Kanzlerin

Legendär ist die Nackenmassage, die er seiner lieben und darob völlig verstörten Freundin Angela Merkel vor laufender Kamera auf dem Petersburger G-8-Gipfel gab.

Und seine größte Fehlleistung im staatsmännischen Miteinander dürfte seine Einschätzung Wladimir Putins gewesen sein: "Ich habe dem Mann in die Augen geschaut. Ich habe ihn als sehr geradlinig und vertrauenswürdig erlebt."

Ein großer Sprachkünstler ist er all die Jahre geblieben. Stets hat er ein seltsames Unvermögen bewiesen, seine Gedanken und Gefühle in vollständige, klare Sätze zu kleiden. Man ahnt, was er meint. Man spürt, dass da einer um Worte ringt.

Erst im September sagte er: "Ich bin nicht im Meer, ich meine, am Meer aufgewachsen. Ich bin in der Wüste aufgewachsen. Deshalb war es immer eine schöne Abwechslung, das Meer zu sehen. Und ich mag es besonders, wenn ich angle."

Auch bei seinem letzten Besuch an der Golfküste, der Stätte der größten innenpolitischen Schmach seiner Amtszeit, bekam ein aufmunternd gemeinter Satz einen selbstmitleidigen Zungenschlag, den Bush zweifellos nicht im Sinn hatte, als er sagte: "Die Menschen in Louisiana müssen wissen, dass viele Leute quer durch unser ganzes Land für sie beten - für diejenigen beten, deren Leben auf den Kopf gestellt wurde. Und ich bin einer von denen."

Besonders tiefsinnig zeigt sich der scheidende Präsident jetzt, gegen Ende seiner Amtszeit. Tatsächlich ist er nachdenklicher geworden, längst nicht mehr so "cocky", wie die Amerikaner sagen, so großspurig, wie er es in den ersten Jahren im Weißen Haus war.

So sagte er erst vor ein paar Wochen über das Milliardenstützungsprogramm seiner Regierung für Amerikas Finanzinstitutionen: "Ich habe die Prinzipien des freien Marktes gebrochen, um die freie Marktwirtschaft zu retten."

Da steckt tatsächlich mehr drin, als es den Anschein hat.

© SZ vom 15. 1. 2009/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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