Bush auf Afrika-Reise:Der wiederentdeckte Kontinent

US-Präsident Bush versucht nach der gescheiterten Afrika-Politik seines Vorgängers einen Neuanfang.

Michael Bitala

(SZ vom 7. Juli 2003) Als George W. Bush die Präsidentschaftswahl gewann, waren die meisten Kommentatoren in Afrika entsetzt. Von diesem Republikaner habe der Kontinent nichts zu erwarten, schrieben sie, er werde - anders als sein Vorgänger Bill Clinton - den ärmsten Teil der Erde einfach ignorieren. Grund zur Sorge hatten sie ja, denn zum einen verkündete Bush schon im Wahlkampf: "Afrika mag wichtig sein, aber es passt nicht in unsere nationalen strategischen Interessen."

Zum anderen wurde Dick Cheney Vize-Präsident, ein Mann, der wiederholt Sanktionen gegen das weiße Apartheid-Regime in Südafrika abgelehnt hatte und im US-Kongress gegen eine Resolution stimmte, die die Freilassung Nelson Mandelas forderte. Da half es nichts, dass mit Colin Powell und Condoleezza Rice zwei Afroamerikaner in die Bush-Regierung aufgenommen wurden. "Hautfarbe", so hieß es, "ersetzt keine Politik."

Inzwischen hat sich die gegenseitige Einschätzung gründlich geändert. Bush bricht diesen Montag zu einer fünftägigen Reise auf, die ihn nach Senegal, Südafrika, Botswana, Uganda und Nigeria führen wird. Und vor kurzem sagte er: "Wir glauben, dass dies ein Jahrzehnt beispielloser Fortschritte für Freiheit, Hoffnung, Heilung und Frieden auf dem afrikanischen Kontinent sein kann.

Auf dem Weg zur Freiheit, mit der Freundschaft der Vereinigten Staaten und anderer Nationen, wird Afrika aufsteigen und wachsen." Und nicht wenige Afrikaner sind überrascht, dass der mächtigste Mann der Welt nun wirklich kommt.

Bush interessiert sich seit dem 11. September 2001 für Afrika, als klar wurde, dass al-Qaida auch von Somalia, Sudan, Kenia oder Tansania aus eine Bedrohung für die USA sein kann. Außerdem machten ihm seine Berater deutlich, dass die vielen zerfallenen afrikanischen Staaten den Terrorismus fördern könnten.

Nach US-Medienberichten hat Osama bin Ladens Truppe zum Beispiel Geld mit Diamanten aus Sierra Leone gewaschen, die über Liberia und Burkina Faso geschmuggelt wurden. Ein weiterer Grund für das US-Interesse sind die enormen Erdölvorkommen, vor allem am Golf von Guinea, in Nigeria, Kamerun, Äquatorialguinea und São Tomé e Príncipe.

Bush erklärte vor seiner Abreise, seine wichtigsten Ziele in Afrika seien der Kampf gegen Aids und Terrorismus, die Förderung des freien Handels und der Entwicklungshilfe und das Werben für Demokratie und Menschenrechte.

Wie erfolgreich der US-Präsident damit sein wird, kann noch nicht abgeschätzt werden. Nur ist zu hoffen, dass er nicht so grandios scheitert wie sein Vorgänger. Clinton erkor in den Neunzigern ein paar starke Männer zu den "neuen Führern Afrikas", da er sich von ihnen Demokratie, Marktwirtschaft und Menschenrechte versprach, und allesamt entpuppten sie sich als die größten Kriegstreiber des Kontinents: Ugandas Präsident Yoweri Museveni und sein heutiger Feind Paul Kagame aus Ruanda, die beide das Nachbarland Kongo plündern und deren Armeen ungezählte Verbrechen begangen haben.

Oder die beiden inzwischen ebenso verfeindeten starken Männer aus Äthiopien und Eritrea, die-kaum hatte Clinton sie gelobt-einen Grenzkrieg anzettelten. Und ohne US-Unterstützung hätte der inzwischen ermordete Rebellenführer Laurent Kabila nicht zeigen können, dass er lediglich ein Wiedergänger des Kongo-Diktators Mobutu Sese Seko war. Clinton ist zweimal durch Afrika gereist, erreicht hat er nichts.

Dass auch Bush eine verwunderliche Politik verfolgt, zeigt nicht zuletzt sein Besuchsplan. Vor allem das Reiseziel Uganda stößt auf Unverständnis. Präsident Museveni istein autoritärer Herrscher. Viel schlimmer aber ist, dass es seine Plünderungsarmee war, die den Ausrottungskrieg im kongolesischen Ituri-Distrikt rund um Bunia erst ermöglicht hat.

Und nun erfährt er durch den US-Präsidenten die höchsten Ehren, was vor allem für das Nachbarland Kenia ein Affront ist. Kenia stand auf dem Besuchsprogramm, als Bush im Januar nach Afrika kommen wollte, die Reise aber durch den bevorstehenden Irak-Krieg verschoben wurde.

Der mit den USA eng verbündete Staat wurde nun ohne Begründung gestrichen, dabei ist Kenia das einzige afrikanische Land, das in der jüngsten Vergangenheit einen demokratischen und friedlichen Machtwechsel vollzogen hat und außerdem-nach zwei Al-Qaida-Anschlägen-unter dem Terrorismus leidet wie kein anderes.

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