Burundi:Tote bei Protesten

Präsident Nkurunziza hätte gerne eine dritte Amtszeit. Die Opposition aber hält seine abermalige Kandidatur für einen Bruch der Verfassung.

Von Tobias Zick, Kapstadt

Die Demonstranten lassen sich vom harten Vorgehen der Polizei nicht abschrecken. Den zweiten Tag in Folge haben am Montag Tausende in Bujumbura, der Hauptstadt des ostafrikanischen Kleinstaats Burundi, gegen die Pläne des Präsidenten protestiert, bei der nächsten Wahl Ende Juni für eine dritte Amtszeit zu kandidieren. Aus Sicht von Opposition und ausländischen Beobachtern verstößt die Kandidatur gegen die Verfassung.

Bereits am Sonntag war die Polizei in Bujumbura massiv gegen Demonstranten vorgegangen und setzte Berichten zufolge neben Tränengas und Wasserwerfern auch scharfe Munition ein. Mindestens vier Menschen starben bei den Zusammenstößen. Am Montag lösten die Sicherheitskräfte gewaltsam einen Marsch von etwa 1000 Demonstranten auf, die versuchten, die Innenstadt von Bujumbura zu erreichen. Ein prominenter Menschenrechts-Aktivist, Pierre Claver Mbonimpa, wurde verhaftet, während er gerade ein Radio-Interview zu den Hintergründen der Proteste gab. Zuvor hatten die Behörden bereits drei unabhängige Radiosender geschlossen, mit der Begründung, diese stifteten die Menschen zu einem "Aufstand" gegen die Regierung an.

Am Samstag hatte die Regierungspartei CNDD-FDD im Rahmen eines Sonderparteitags mit großer Mehrheit den Amtsinhaber Pierre Nkurunziza, der das Land seit 2005 regiert, zu ihrem Kandidaten für die Wahl am 26. Juni ernannt. Vorwürfe, mit der neuen Kandidatur die Verfassung zu brechen, weisen Nkurunziza und seine Unterstützer zurück. Die erste Amtszeit habe er schließlich nicht nach einer regulären Wahl angetreten, sondern auf Basis des Friedensabkommens von Arusha, mit dem im Jahr 2005 ein zwölf Jahre langer Bürgerkrieg endete, in dem mehr als 300 000 Menschen starben. Das Abkommen sollte eigentlich für eine ausgewogene Machtverteilung zwischen den Bevölkerungsgruppen Hutu und Tutsi sorgen, die einander bekämpft hatten, doch in den vergangenen Jahren hat die Hutu-dominierte CNDD-FDD immer mehr Macht in ihren Händen konzentriert. Präsident Nkurunziza lässt kein Unrechtsbewusstsein erkennen: "Wer Probleme mit der vom Volk gewählten Regierungspartei macht", sagte er bei seiner Nominierung am Samstag, "der wird sich in Schwierigkeiten wiederfinden."

Burundi gehört laut dem Entwicklungsindex der Vereinten Nationen zu den zehn ärmsten Ländern der Welt. In der internationalen Gemeinschaft wächst die Befürchtung, ein neues Aufflackern der Gewalt zwischen Hutu-Mehrheit und Tutsi-Minderheit könnte die zarten Erfolge im Wiederaufbau des vergangenen Jahrzehnts zunichte machen und das Land abermals in einen Bürgerkrieg stürzen. Die US-Regierung verurteilte Nkurunzizas Kandidatur für eine dritte Amtszeit scharf. Diese stelle einen Verstoß gegen das Arusha-Abkommen dar; Burundi verpasse damit eine "historische Chance, seine Demokratie zu stärken". Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes forderte am Montag in Berlin die burundische Regierung auf, die Meinungsfreiheit in ihrem Land zu garantieren; dies gelte auch für Äußerungen der Opposition.

Der Konflikt in Burundi wird in der Region mit wachsender Sorge wahrgenommen. Etwa 15 000 Menschen sind aus dem Land in den vergangenen Wochen bereits in Nachbarländer geflohen, die meisten von ihnen nach Ruanda, wo 1994 im Völkermord an der Tutsi-Minderheit mehr als 800 000 Menschen ums Leben gekommen sind. Berichten zufolge geht in Burundi in jüngster Zeit neben der Polizei zunehmend auch eine regierungsnahe Hutu-Miliz namens "Imbonerakure" gegen Oppositionelle vor.

Die Opposition wirft der Regierung vor, für die Eskalation der Gewalt am Sonntag und Montag verantwortlich zu sein. "Wir haben zu friedlichen Demonstrationen aufgerufen, und dazu ist es auch gekommen", sagte ein Oppositionsführer, Léonce Ngendakumana von der Hutu-Partei Frodebu, am Montag, "aber dann haben die Polizei und die Milizen der Regierungspartei angefangen, mit scharfer Munition zu schießen."

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