Bundeswehreinsatz:Drei Deutsche in Afghanistan erschossen

Ein einheimischer Soldat eröffnet in einem Außenposten der Bundeswehr das Feuer und tötet drei Panzergrenadiere. Sechs Soldaten werden verletzt.

Peter Blechschmidt

In Afghanistan sind am Freitag drei deutsche Soldaten ums Leben gekommen. Ein Angehöriger der afghanischen Nationalarmee ANA hatte in einem Außenposten der Bundeswehr im Norden des Landes um sich geschossen und dabei zunächst einen Soldaten getötet und acht weitere verwundet, vier von ihnen schwer. Zwei der schwer Verwundeten starben einige Zeit später. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zeigte sich am Abend in Berlin erschüttert über den Vorfall und sprach den Opfern und ihren Angehörigen sein Mitgefühl aus.

Nach Angaben des Einsatzführungskommandos in Potsdam hatte der afghanische Soldat gegen zwölf Uhr Ortszeit (8.30 Uhr deutscher Zeit) im sogenannten OP (Observation Post) North der Bundeswehr bei Baghlan aus nächster Nähe das Feuer auf die Deutschen eröffnet. Die Bundeswehr-Soldaten waren dabei, ihre Fahrzeuge nach einer Patrouillenfahrt zu warten. Ein Soldat wurde sofort getötet, zwei andere so schwer verletzt, dass sie noch am Freitag starben. Den Zustand von zwei Schwerverletzten bezeichnete die Bundeswehr als kritisch.

Bei den Toten handelt es sich um einen 30-jährigen Hauptfeldwebel, einen 22-jährigen Stabsgefreiten und einen 21-jährigen Hauptgefreiten. Die angegriffenen Soldaten gehören zum Panzergrenadierbataillon 112 im bayerischen Regen. Sie standen kurz vor dem Ende ihres Afghanistan-Einsatzes. Nach offiziellen Angaben gehörte der Attentäter zu einer ANA-Einheit, die mit der Außensicherung des OP North betraut war. Er hatte seinen Dienst beendet und war auf dem Weg zum Haupteingang des Lagers, wo er sich abmelden sollte. Über seine Motive konnte der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos, General Rainer Glatz, am Freitagabend noch keine Angaben machen.

Die ANA-Soldaten sind im Rahmen des sogenannten Partnerings gemeinsam mit der Bundeswehr im OP North untergebracht. Partnering ist die Bezeichnung für die neue Afghanistan-Strategie, die seit Herbst 2010 verfolgt wird. Dabei operieren afghanische und deutsche Einheiten gemeinsam, um Aufständische zu vertreiben und Gebiete dauerhaft zu sichern. Dafür hat die Bundeswehr sogenannte Ausbildungs- und Schutzbataillone (ASB) aufgestellt .

Dass als Soldaten oder Polizisten getarnte Attentäter die Internationale Schutztruppe Isaf angreifen, kommt immer wieder vor. Allerdings war die Bundeswehr bisher von solchen Attacken verschont geblieben. Guttenberg sagte, man wisse um die Risiken, die das "enge Miteinander" berge. Das Partnering werde aber nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Es sei der richtige Weg, um die afghanischen Streitkräfte auf die Übernahme der Verantwortung vorzubereiten.

Der OP North ist ein ASB-Stützpunkt. Guttenberg hatte hier erst in der Nacht zum Donnerstag übernachtet. Der Stützpunkt war wegen einiger Zwischenfälle in der jüngsten Zeit in die Schlagzeilen geraten. Vor Weihnachten hatte ein Bundeswehr-Soldat beim unsachgemäßen Hantieren mit seiner Waffe einen Kameraden erschossen. Ende Januar hatte ein dort stationierter Soldat einen Kameraden im Streit mit der Pistole bedroht. Wegen dieser Vorkommnisse war Guttenberg am Mittwoch nach Afghanistan gereist, um sich persönlich ein Bild von den Verhältnissen im OP North zu machen.

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