Bundeswehreinsatz:Wie Deutschland den Franzosen in Afrika hilft

Bundeswehreinsatz: Frankreich erbittet für seine Soldaten in Afrika (hier ein Fremdenlegionär mit einem malinesischen Soldaten) europäische Solidarität.

Frankreich erbittet für seine Soldaten in Afrika (hier ein Fremdenlegionär mit einem malinesischen Soldaten) europäische Solidarität.

(Foto: AFP)

Anfangs waren die französischen Soldaten allein in Mali, nun wird die Hilfe aus Deutschland deutlich ausgeweitet. Hinter der Entsendung von Bundeswehr-Soldaten der binationalen Brigade steckt vor allem ein politisches Signal.

Von Daniel Brössler, Christoph Hickmann und Stefan Kornelius

Es klingt erst einmal nicht weiter bemerkenswert, was der Befehlshaber da sagt - eher wie eine allgemeine Einschätzung der strategischen Lage. Doch Generalleutnant Hans-Werner Fritz dürfte am Donnerstagabend im Potsdamer Nikolaisaal schon sehr genau wissen, was die allermeisten Zuhörer erst in den nächsten Tagen erfahren sollen. Er glaube, sagt der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, "dass uns Afrika, insbesondere sein Norden und seine Mitte, in den nächsten Jahren beschäftigen wird".

In den nächsten Jahren? Er hätte auch sagen können: schon in den nächsten Tagen.

Die Bundeswehr an den Standorten Potsdam und Schwielowsee hat am Donnerstagabend zum Jahresempfang geladen. Fritz hält eine Rede - und er widmet sich darin auffallend ausführlich dem afrikanischen Kontinent. Er schildert die verschiedenen Missionen, in denen die Bundeswehr bereits engagiert ist. Zum Thema Mali sagt er: Die Situation könne noch nicht als stabil gelten, "bei Weitem nicht". Es gehe nun darum, "das bisher Erreichte zu festigen" - und dazu werde die Bundeswehr "weiter ihren Beitrag leisten".

Militärischer Ringtausch

Was das heißt, wird nun klar: Die Bundeswehr wird ihr Engagement in Mali deutlich ausweiten, und es wird dabei auch nicht nur um Ausbildung gehen, sondern offenbar auch um Schutz und Absicherung. Es steht also wohl der nächste größere deutsche Militäreinsatz bevor. Zwar ist die Truppe bereits in Mali vertreten, aber das Kontingent wird deutlich ausgeweitet.

Für diese Entscheidung gibt es vor allem politische Gründe, und zwar in Europa. Frankreich hat sich neben Mali auch einen Einsatz in der Zentralafrikanischen Republik aufgeladen - das wird alles ein bisschen zu viel. Jetzt erbittet Paris europäische Solidarität. Weil die Deutschen nach Zentralafrika keine Bodentruppen entsenden wollen, kommt der Ringtausch zustande: Die deutsch-französische Brigade entlastet in Mali, Frankreich kann sich auf Zentralafrika konzentrieren und bekommt dort auch Unterstützung beim Lufttransport.

Neue Ära der Zusammenarbeit

Beim EU-Gipfel im Dezember sah es erst einmal so aus, als verfahre Angela Merkel nach dem Motto: Wir geben nichts. Auf Gedankenspiele des französischen Präsidenten François Hollande, der laut über einen europäischen Finanzbeitrag für die französische Zentralafrika-Mission nachdachte, reagierte sie kühl: "Wir können keine militärische Mission finanzieren, bei der wir gar nicht in den Entscheidungsprozess einbezogen sind." Doch fast im selben Atemzug formulierte sie den Weg, wie den Franzosen eben doch noch geholfen werden könnte: Es gebe ja gute Gründe für das Eingreifen, sagte sie. Aber darüber müsse ein Außenministerrat entscheiden. Der tagt nun am kommenden Montag.

Die Bereitschaft, eine europäische Mission nach Zentralafrika zu schicken, war aus den Gipfelbeschlüssen dann auch schon herauszulesen: Man sei einig, die "einschlägigen Instrumente zu prüfen - auch im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) mit ihrer militärischen und ihrer zivilen Dimension", hieß es dort. Der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton erteilten die Staats- und Regierungschefs den Auftrag, im Januar einen Vorschlag zu unterbreiten.

Ashton, der häufig Passivität vorgeworfen wird, drückte tatsächlich aufs Tempo. Schon am 8. Januar ging ein knapp vierseitiger Bericht ihrer Abteilungen für Krisenmanagement und Planung hinaus. Das Dokument EEAS 17/14 hatte es in sich. "Wenn die Lage nicht unter Kontrolle kommt, kann es zu massenhaften Tötungen zwischen den Religionsgruppen kommen, die nicht nur die Bevölkerung bedrohen, sondern auch die Stabilität der Nachbarländer", stand gleich im ersten Absatz.

Merkel sammelt Erfahrung für Lieblingsprojekt

Ashtons Leute empfahlen eine auf vier bis sechs Monate begrenzte EU-Mission entweder in der Hauptstadt Bangui oder im Westen des Landes. Der Zeitplan sieht vor, dass am 23. Januar der UN-Sicherheitsrat ein Mandat erteilt. Danach kann die Mission organisatorisch auf den Weg gebracht werden. Die Rede ist von 700 bis 1000 Soldaten, die sich zur Entlastung der französischen Truppe auf Bangui konzentrieren. Die Franzosen werden vermutlich einen Teil ihres bisherigen Kontingents in die EU-Mission integrieren. Außerdem wollen mehrere skandinavische und osteuropäische Staaten Truppen stellen, zum Beispiel Estland. Die Kosten tragen die Länder selbst. Nur die Kosten für das Hauptquartier teilen sich die EU-Staaten.

Hinter der Entsendung der deutsch-französischen Brigade nach Mali steckt ein politisches Symbol: Erstmals würde die Brigade mit mehr als nur ein paar Mann ausgestattet. Frankreich hatte schon lange darauf gedrungen. Und Deutschland, für sein Zögern in Libyen oder beim Beginn der Mali-Mission viel gescholten, würde dem französischen Präsidenten einen großen Dienst erweisen. Am 19. Februar, wenn sich das deutsch-französische Sicherheitskabinett trifft, soll die neue Ära der Zusammenarbeit besiegelt werden.

Außerdem kann Merkel Erfahrung sammeln für eines ihrer Lieblingsprojekte: die sogenannte Ertüchtigungsinitiative. Hinter dem unglücklichen Begriff steckt die Idee, demokratischen Staaten in fragilen Weltregionen dabei zu helfen, sich selbst zu verteidigen und zu stabilisieren. Mali wäre dafür ein Paradefall. Ausbildung, Uniformen, ein paar Lastwagen - alles eng getaktet und zeitlich begrenzt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: