Bundeswehr:Scharfe Kritik an "Awacs"-Flügen

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Ein Aufklärungsflugzeug vom Typ Awacs. (Foto: Oliver Berg/dpa)

Die Opposition will nicht hinnehmen, dass der Bundestag zu dem Einsatz über der Türkei nicht gefragt wird. Das Verfassungsgericht befasste sich schon einmal mit ähnlichen Aufklärungsflügen.

Der geplante Einsatz von Bundeswehrsoldaten in Awacs-Aufklärungsflugzeugen über der Türkei wird möglicherweise zum Fall für das Bundesverfassungsgericht. Linke und Grüne wollen Klagen wegen mangelnder Beteiligung des Bundestags an der Entscheidung prüfen. Es sei nicht hinnehmbar, dass dem Parlament eine Abstimmung über die deutsche Beteiligung an dem Nato-Einsatz verweigert werde, sagte Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Die Grünen verwiesen auf einen Präzedenzfall aus dem Jahr 2008: Damals hatten die Karlsruher Richter den Awacs-Einsatz über der Türkei während des Irak-Kriegs für zustimmungspflichtig erklärt.

Die Bundesregierung hält im aktuellen Fall ein Bundestagsmandat für "nicht erforderlich" - vor allem, weil ein Einsatz von Waffengewalt bei den Flügen "derzeit nicht zu erwarten" sei. Nach Ansicht der Regierung besteht keine Gefahr, dass die Soldaten in eine bewaffnete Auseinandersetzung verwickelt werden. Nur in solchen Fällen sei jedoch ein Bundestagsmandat zwingend. "Weder verfügt die Terrormiliz IS über eigene Luftstreitkräfte, noch ist ein politischer Wille des Assad-Regimes absehbar, die eigene Luftwaffe gegen die Türkei einzusetzen", heißt es in einem Schreiben des Auswärtigen Amtes und des Verteidigungsministeriums an die zuständigen Ausschüsse des Bundestags.

Bereits 2008 hatten die Richter Aufklärungsflüge über der Türkei für zustimmungspflichtig erklärt

Linksfraktionschefin Wagenknecht sagte dazu: "Die Aussage der Bundesregierung, dass ein Einsatz von Waffengewalt nicht zu erwarten ist, ist reine Augenwischerei und nur ein Vorwand, um die Parlamentsbeteiligung zu umgehen." Auch die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Katja Keul, sieht keinen Unterschied zwischen dem Awacs-Einsatz über der Türkei während des Irak-Kriegs und dem jetzt geplanten. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2008 festgestellt, dass das Parlament schon dann über einen Auslandseinsatz abstimmen muss, wenn deutsche Soldaten in "bewaffnete Auseinandersetzungen verstrickt" werden könnten. Es komme nicht darauf an, ob die Bundeswehr selbst die Absicht habe, Waffen einzusetzen.

"Die Bundesregierung muss daher auch heute die Zustimmung des Parlaments einholen", sagte die Grünen-Politikerin Keul. Andernfalls begehe sie Verfassungsbruch. Es sei "völlig unverständlich, dass die Bundesregierung hier erneut versucht die Parlamentsrechte kleinzureden, statt sich den Awacs-Einsatz von der Mehrheit im Bundestag mandatieren zu lassen".

Am Wochenende war bekannt geworden, dass die Nato wegen des Syrien-Konflikts Awacs-Aufklärer der Allianz aus Geilenkirchen in die Türkei verlegen will, um die Türkei bei der Überwachung ihres Luftraums zu unterstützen. 30 Prozent des internationalen Awacs-Personals stellt die Bundeswehr.

© SZ vom 29.12.2015 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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