Bundeswehr:Kritik an von der Leyen

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Das Landgericht Koblenz rügt die vorschnelle Ausmusterung des Sturmgewehrs G36, die Standardwaffe der Bundeswehr. Die Verteidigungsministerin hatte im vergangenen Jahr sein Aus verkündet.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) droht im Rechtsstreit mit dem Waffenhersteller Heckler & Koch eine Niederlage. Laut Berichten von Nachrichtenagenturen ließ das Landgericht Koblenz am Freitag erkennen, dass es die Waffenfirma derzeit im Recht sieht. Zudem übte der Vorsitzende Richter deutliche Kritik am Vorgehen des Ministeriums und damit auch an der Ministerin.

Das Gericht verhandelt darüber, ob das Sturmgewehr G36 im Vergleich zu den vertraglich festgelegten Anforderungen Mängel aufweist. Der Hersteller Heckler & Koch, dessen Waffe wegen Präzisionsmängeln unter extremen Bedingungen in die Kritik geraten war, will feststellen lassen, dass es in diesem Sinn keine Mängel gibt. In einer ersten Einschätzung erklärte das Gericht, dass es dem Unternehmen nach derzeitigem Stand recht gibt. Eine Entscheidung soll am 2. September fallen.

Laut Spiegel Online vertrat das Gericht die Auffassung, dass man Heckler & Koch keinerlei Vorwürfe wegen der Präzisionsmängel nach Dauerfeuer oder bei stark schwankenden Außentemperaturen machen könne. Das Gewehr habe stets das erfüllt, was vertraglich festgelegt und verlangt gewesen sei, so wird Richter Ralph Volckmann zitiert. Auch nach ersten Hinweisen auf Präzisionsmängel habe die Bundeswehr weiter G36 eingekauft und keine Nachbesserungen oder Konstruktionsänderungen gefordert. Das G36 ist die Standardwaffe der Bundeswehr.

Eine neue Version des Sturmgewehrs schneidet bei Tests besser ab

Im vergangenen Jahr hatte von der Leyen verkündet, das Gewehr habe in der Bundeswehr keine Zukunft mehr. Bis ein Nachfolgemodell in der Truppe ankommt, wird es aber noch dauern. Erst von 2019 an soll es eingeführt werden. Vor diesem Hintergrund kritisierte Richter Volckmann laut Spiegel Online die Entscheidung, das G36 auszumustern, statt mit Heckler & Koch über eine Nachbesserung an der Waffe zu verhandeln. Demnach bot das Unternehmen 2015 eine Konstruktionsänderung für nur 600 Euro pro Waffe an. Von der Leyen aber habe die Gespräche abgebrochen und das Aus für das G36 verkündet.

"Die Soldaten kämpfen mit dem G36 teilweise um ihr Leben", so wird Volckmann zitiert. Folglich wäre die Nachbesserung ein "vernünftiger Weg" gewesen. Es könne "nicht sein, dass sich die Soldaten mit einem untauglichen Gewehr gegen die Taliban zur Wehr setzen müssen". Tatsächlich hatten Tests einer verbesserten Version des G36 zuletzt eine höhere Präzision bei wechselnden klimatischen Bedingungen ergeben. Das Verteidigungsministerium verwies darauf, dass man im Einsatz schon seit längerer Zeit einen sogenannten Waffenmix aufbiete und damit die Schwächen des Gewehrs ausgleiche. Das Ministerium kündigte für die nächsten Tage außerdem einen neuen Bericht zu den Präzisionsmängeln des Gewehrs an. In dem Bericht werden die Präzisionsmängel unter extremen Bedingungen bestätigt.

© SZ vom 04.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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