Bundeswehr in Afghanistan:Westerwelle warnt vor hastigem Abzug

Außenminister Westerwelle verteidigt die Afghanistan-Strategie der Regierung - derweil geht die Debatte um Ausrüstung und Strategie der Bundeswehr weiter.

Nach dem Tod von drei Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan hat Außenminister Guido Westerwelle vor einem überhasteten Abzug aus dem Land gewarnt. "Wenn wir jetzt Hals über Kopf abziehen würde, wäre das Land in ganz kurzer Zeit wieder Rückzugsgebiet des Weltterrorismus", sagte der FDP-Politiker der Bild-Zeitung. Dann werde die Anschlagsgefahr auch in Europa erheblich größer.

Westerwelle bekräftigte das erklärte Ziel der Bundesregierung, 2013 die Verantwortung für die Sicherheit an afghanische Kräfte zu übergeben und im kommenden Jahr die Zahl der Bundeswehrsoldaten zu verringern. Mit der neuen Strategie werde stärker auf den zivilen Aufbau und die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte gesetzt.

Einen konkreten Abzugstermin nannte Westerwelle nicht, wie die Zeitung schreibt. "Dann wüssten die Terroristen, wie lange sie noch durchhalten müssten, bis wir weg sind."

Angesichts der Kritik an der Ausrüstung der Bundeswehr sagte Westerwelle dem Bericht zufolge, dass die Bundesregierung bei Bedarf nachbessern werde. "Die Bundesregierung tut alles, damit die Ausrüstung in Afghanistan bestmöglich ist."

Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, kritisierte erneut Versäumnisse im Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. "So, wie sich der Gegner verändert hat in seiner Operationsführung, haben wir nicht Schritt gehalten", sagte Kujat im ZDF-Morgenmagazin.

Im Norden Afghanistans sei eine gefährliche Situation entstanden, "auch, weil wir gegenüber der deutschen Bevölkerung den Eindruck erwecken wollten: die Soldaten sind tatsächlich nur da zum Brunnen bauen und um der Bevölkerung zu helfen". Man habe sich nicht klar gemacht, "dass wir es mit einem zu allem entschlossenen Gegner zu tun haben, der uns angreift".

Unterdessen geht die Diskussion über die richtige Ausrüstung der Soldaten weiter.

Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt räumte beim Einsatz von Hubschraubern in Afghanistan Nachbesserungsbedarf ein. Den Stuttgarter Nachrichten sagte der CSU-Politiker: "Grundsätzlich sind wir in der Luftaufklärung gut aufgestellt, aber wir haben Ergänzungsbedarf bei Hubschraubern. Der mittlere Transporthelikopter NH90 und der Kampfhubschrauber Eurocopter Tiger sind bestellt, aber leider noch nicht einsatzfähig."

Man sei für die Unterstützung der USA dankbar. Zugleich schränkte Schmidt ein: "Was helfen uns mehr Kampfhubschrauber, wenn sich die Taliban in Häusern mit Familien und Kindern verschanzen?"

Königshaus fordert den Leopard 2 für Afghanistan

Der designierte Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus kündigte in der Neuen Osnabrücker Zeitung an, nach seiner Amtsübernahme energisch gegen Defizite bei Ausrüstung und Ausbildung der Bundeswehr vorzugehen. "Der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr hat für mich in jeder Hinsicht höchste Priorität", sagte der FDP-Politiker.

Am Hindukusch fehlten Transportflugzeuge, Hubschrauber und Kampfpanzer sowie ausreichende Einsatztrainings. "Die bisherige Ausbildung der Bundeswehr ist auf die neue Qualität der Angriffe durch eine große Zahl von Taliban nicht ausgerichtet." Schon am Mittwoch regte Königshaus den Einsatz schwerer Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 an.

Diese Forderung wies die Bundeswehr zurück, auch der Bundeswehrverband sprach sich im Gespräch mit sueddeutsche.de dagegen aus, schwere Waffen in Afghanistan einzusetzen. Man wolle vor der afghanischen Bevölkerung nicht "martialisch" auftreten, erklärte Wilfried Stolze, Pressesprecher des Bundeswehrverbandes.

Außerdem sei der Transport von schweren Panzern wie dem Leopard 2 nur über den See- und anschließend dem Landweg möglich. "Bis sie in Afghanistan ankämen", sagt Stolze, "wären mehrere Monate vergangen".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: