Bundeswehr in Afghanistan:Schleichender Abschied vom Konsens

Die Bundesregierung hat eine neue Strategie für den Einsatz in Afghanistan festgelegt. Daran ist durchaus nicht alles schlecht, doch sie bietet keine Korrekturmöglichkeiten. Deutschland ist vom Debattieren erschöpft - und will wieder seine Ruhe haben.

Stefan Kornelius

Deutschland hat eine neue Afghanistan-Strategie. Das ist ein hochtrabender Begriff für einen politischen Vorgang, der angesichts der verfahrenen Lage im Einsatzgebiet und im Kielwasser der amerikanischen Initiativen von Präsident Barack Obama unvermeidlich war.

Schwieriger Einsatz: Deutsche Soldaten in Afghanistan; ddp

Schwieriger Einsatz: Deutsche Soldaten in Afghanistan

(Foto: Archiv-Foto: ddp)

Die Bundesregierung hat diese Strategie jetzt beschlossen, weil sie im vergangenen Herbst, als die USA mit sich über Afghanistan rangen, durch die Bundestagswahl und die Regierungsbildung blockiert war.

Vieles ist vernünftig und gut in dem Paket: das Aussteigermodell, die Ausbildungskomponente, die Vergrößerung des Kontingents.

Vieles könnte besser sein: Afghanistan bräuchte Verwaltungsfachleute, die etwa mit dem Budget einer Distriktregierung umgehen können. Afghanistan bräuchte Landwirtschaftsexperten, um Bauern und Hirten zu schulen. Afghanistan bräuchte noch mehr Ausbilder und Sicherheitstruppen, die für die nötige Stabilität sorgen.

Nach Wochen intensiver Auseinandersetzung - Kundus, Obama-Plan, was dürfen die Deutschen - ist die Debatte auf einem Niveau angekommen, auf dem sie schon lange hätte geführt werden müssen.

Die Abgeordneten stimmen nun über das neue Kontingent und die neuen Ziele ab im Wissen um "kriegsähnliche Zustände" mit allen völkerrechtlichen und einsatztaktischen Konsequenzen. Der Bundestag entscheidet außerdem im Wissen, dass nun die letzte Phase dieses Einsatzes beginnt.

Im Video: Die Bundesregierung will mit einem neuen Konzept in die internationale Afghanistan-Konferenz gehen. Weitere Videos finden Sie hier

Viel mehr Korrekturmöglichkeiten wird die Bundesregierung nicht mehr haben. Sie hat sich eine Frist gegeben und damit unter Druck gesetzt.

Die Opposition verabschiedet sich schleichend aus dem Konsens. Und die Amerikaner stationieren selbst 2500 Mann in Kundus, um sich des unerledigten Geschäfts anzunehmen.

Das ist das deutsche Afghanistan-Panorama zu Beginn des Jahres 2010. Die Nation hat debattiert - nun ist sie erschöpft und will wieder ihre Ruhe haben.

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