Bundeswehr in Afghanistan:Einsatz mit Grenzen

Im Rahmen einer UN-Resolution schickt das Parlament die Bundeswehr nach Afghanistan, um für Sicherheit und den Wiederaufbau des Landes zu sorgen - aber nicht, um Gegner gezielt zu töten.

Peter Blechschmidt

Isaf steht für Internationale Sicherheitsunterstützungstruppe Afghanistan. Dass dies eine verharmlosende Bezeichnung ist, hat inzwischen auch der deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg anerkannt.

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Eine neue Qualität des Angriffs: War der Luftschlag von Kundus vom Bundestagsmandat gedeckt?

(Foto: Foto: AP)

Gleich zu Beginn seiner Amtszeit Ende Oktober zeigte Guttenberg Verständnis für Soldaten, die den Einsatz in Afghanistan als "Krieg" empfinden, und er selbst sprach von "kriegsähnlichen Zuständen". Die Beteiligung der Bundeswehr an Isaf fußt auf einem Mandat des Bundestags.

Es wurde zuletzt am 3. Dezember für ein weiteres Jahr verlängert. Rechtliche Grundlagen des Mandats sind Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, diverse Beschlüsse der Nato sowie Vereinbarungen mit der afghanischen Regierung.

Laut UN-Resolution hat Isaf den Auftrag, "Afghanistan bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit so zu unterstützen, dass sowohl die afghanischen Staatsorgane als auch das Personal der Vereinten Nationen und anderes internationales Zivilpersonal, insbesondere solches, das dem Wiederaufbau und humanitären Aufgaben nachgeht, in einem sicheren Umfeld arbeiten können".

Im Mandat des Bundestags heißt es dazu, Isaf sei autorisiert, "alle erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Anwendung militärischer Gewalt zu ergreifen, um das Mandat (der UN) durchzusetzen". Daneben haben die Isaf-Truppen das Recht zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung sowie zu bewaffneter Nothilfe für jedermann.

Neue Qualität des Angriffs

Seit bekannt ist, dass der Luftschlag von Kundus am 4. September sich offenbar in erster Linie gegen eine Ansammlung mutmaßlicher Taliban richtete, stellt sich die Frage, ob dies vom Mandat gedeckt ist. Bislang hatten Bundesregierung und Bundeswehrführung immer erklärt, der deutsche Oberst Georg Klein habe mit dem Luftschlag verhindern wollen, dass zwei von den Taliban entführte Tanklaster als rollende Bomben gegen die Bundeswehr oder gegen afghanische Sicherheitskräfte eingesetzt würden.

Dass dabei Menschen getötet würden, sei unvermeidlich gewesen. Klein sei jedoch davon ausgegangen, dass die möglichen Opfer ausschließlich Aufständische, also Gegner, gewesen seien.

Wenn nun aber die Taliban selbst im Visier des deutschen Obersts gestanden haben sollten, verleiht dies dem Angriff eine neue Qualität, wie viele Politiker und Rechtsexperten meinen. Gezielte Tötungen wären mit dem Bundestagsmandat "absolut nicht vereinbar", sagt etwa der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels.

Der Grünen-Politiker Omid Nouripour meint, wenn es um die physische Vernichtung des Gegners und nicht um Stabilisierung der Verhältnisse gehe, dann sei das "vollkommen indiskutabel und muss politische Konsequenzen haben".

Kleins Verteidiger, auch im Parlament, argumentieren dagegen, die vom Mandat geforderte Schaffung eines sicheren Umfelds schließe vorbeugende Operationen ein, wenn damit spätere Angriffe verhindert werden könnten. Ob dies im Fall Kundus gegeben war, wird wohl letztlich ein Gericht entscheiden müssen.

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