Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan:Verschärfte Sicherheitslage

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Die Aufständischen in Afghanistan lassen sich seit einiger Zeit auf regelrechte Gefechte ein. Doch jetzt ändert auch die Bundeswehr ihre Taktik.

Peter Blechschmidt

In den wöchentlichen Unterrichtungen des Verteidigungsministeriums an das Parlament gibt es eine bunte Afghanistan-Karte, auf der die verschiedenen Stufen der Gefährdung farblich gekennzeichnet sind: von Grün für "Niedrig" bis Rotbraun für Hoch. Während die Mitte und der Osten große dunkle Flächen aufweisen, gibt es im Verantwortungsbereich der Bundeswehr im Norden Afghanistans nur einen orangefarbenen Fleck für "Erheblich". Es ist der Raum um die Provinzhauptstadt Kundus, wo am Dienstag drei deutsche Soldaten bei einem Feuergefecht ums Leben gekommen sind und mehrere Soldaten verletzt wurden.

Die Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan nehmen jetzt den Kampf mit den Aufständischen an. (Foto: Foto: dpa)

Kundus ist eine "Paschtunen-Tasche". Dort leben viele Angehörige dieser Volksgruppe, die eigentlich im Süden des Landes beheimatet ist und enge Beziehungen zu den fundamental-islamistischen Taliban unterhält. Die Taliban-Führer, die in Pakistan vermutet werden, drängen ihre Statthalter im Raum Kundus schon seit Monaten zu verstärkten Angriffen auf die Deutschen.

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht Raketen auf den Stützpunkt des Provinz-Aufbauteams (PRT) in Kundus abgefeuert und Bundeswehr-Patrouillen mit Kalaschnikows und Panzerfäusten beschossen werden. So auch wieder am Dienstag, als deutsche und afghanische Soldaten bei einer gemeinsamen Operation unter Beschuss gerieten.

Seit einigen Wochen haben diese Angriffe eine neue Qualität. Operierten die Aufständischen bislang nach der Methode hit and run (Zuschlagen und weglaufen), so lassen sie sich mittlerweile auf regelrechte Gefechte ein. Aber auch die Bundeswehr hat ihre Taktik geändert. Galt bisher die Devise "Durchstoßen", wenn eine Patrouille in brenzlige Situationen geriet, so nehmen die Soldaten jetzt den Kampf an. Dann werden schnellstmöglich zusätzliche Kräfte zur Hilfe herangeführt; die schnelle Eingreiftruppe (Quick Reaction Force) der Bundeswehr ist deshalb zum größten Teil in Kundus stationiert.

Auch Luftunterstützung durch amerikanische Kampfflugzeuge wird immer öfter angefordert, so auch wieder am Dienstag. Bisher reichte meistens schon die show of force, das heißt die bloße Präsenz der Flugzeuge, um die Angreifer in die Flucht zu schlagen. Anfang vergangener Woche aber mussten die Piloten von vier US-Maschinen ihre Bordkanonen einsetzen, als sie afghanischen, belgischen und deutschen Soldaten bei einem Gefecht zu Hilfe kommen mussten. Dabei wurden sie erstmals von einem Feuerleittrupp der Bundeswehr eingewiesen, der vom Boden aus das Geschehen beobachtete.

Schwerere Waffen für die Bundeswehr?

In der Truppe wird die gestiegene Kampfbereitschaft der Bundeswehr überwiegend begrüßt, auch wenn es jetzt vermehrt Opfer geben sollte. Andererseits wünschen die Soldaten auch, dass nun allmählich in der deutschen Öffentlichkeit anerkannt wird, dass sie kein "bewaffnetes Technisches Hilfswerk" sind, wie häufig gespottet wurde, sondern dass sie sich in einem veritablen Krieg befinden.

Die verschärfte Sicherheitslage lässt inzwischen manchen Berliner Politiker auch darüber nachdenken, ob man die Bundeswehr nicht mit schwereren Waffen ausstatten sollte. Bundestagsabgeordnete sprechen von schweren Panzern, Artillerie und sogar Kampfhubschraubern, obwohl die Bundeswehr über letztere gar nicht verfügt.

Heeresinspekteur Hans-Otto-Budde hält Panzer und Artillerie derzeit zumindest nicht für erforderlich, wie er kürzlich sagte. Wie problematisch der Einsatz von schweren Panzern ist, zeigt nicht zuletzt der Vorfall vom Dienstag, bei dem ein gepanzerter Truppentransporter Fuchs schlicht verunglückt ist.

© SZ vom 24.06.2009/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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