Bundeswehr:Der Bundestag sollte über den Abzug aus Incirlik entscheiden

Parlamentsarmee Bundeswehr

Soldaten folgen einer Rede von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Bundestag in Berlin (Symbolbild)

(Foto: picture alliance / dpa)

Im Streit mit der Türkei um die Bundeswehr hat die Regierung immer wieder die besondere Rolle des Parlaments betont. Deshalb wäre es klug, diesem das letzte Wort zu geben.

Kommentar von Stefan Braun, Berlin

Warum scheut die Bundesregierung diesen Schritt? Wovor hat sie Angst? Diese Frage muss man sich stellen, seit klar ist, dass es aus Sicht der Kanzlerin und ihres Kabinetts keinen neuen Beschluss über das Mandat für den Anti-IS-Einsatz der Bundeswehr geben soll. Gemessen an der Tatsache, dass es um die Verlegung von knapp 300 Soldaten geht, mag das verständlich erscheinen.

Gemessen daran, mit welcher Verve die gleiche Regierung - zu Recht! - die besonderen Rechte des Parlaments in dieser Causa betont hat, bekommt die Haltung der Regierung eine schwere Schieflage. Es überzeugt nicht, wenn man in der Türkei die Fahne der Parlamentsarmee hisst und sie - kaum zu Hause - aus pragmatischen Gründen wieder einrollt.

Es wäre klug und glaubwürdiger, dem Bundestag politisch das letzte Wort zu geben

Die Bundesregierung weiß genau, wie empfindlich und wie wichtig das Verhältnis zur Türkei bleiben wird. Deshalb sollte sie alles vermeiden, türkische Verschwörungstheorien zu befeuern, die besagen, dass Berlin derzeit grundsätzlich und in allen Fragen einen antitürkischen Kurs verfolge. Das stimmt im Streit um Incirlik nicht und lässt sich auch auf die anderen Konfliktfelder nicht übertragen. Und glaubt man den Beteuerungen der Kanzlerin und ihres Außenministers, dann sind beide sehr daran interessiert, der türkischen Sicht mit Klugheit und Zurückhaltung zu begegnen. Dann aber wäre es klug und glaubwürdiger, dem Bundestag politisch das letzte Wort zu geben.

Zeitlich schafft das keine wirklich großen Probleme; die nächste Sitzungswoche beginnt in elf Tagen. Außerdem könnte die Verlegung auch jetzt weiter vorbereitet werden. Sicher, juristisch ist die Position der Regierung vertretbar. Der Stationierungsort ist im jetzigen Mandat nicht genannt. Entsprechend macht ein neuer Standort ein neues Votum nicht automatisch nötig.

Politisch und atmosphärisch aber wirkt es in dieser Situation nicht überzeugend, darauf zu verzichten. Ein schlichter Entschließungsantrag, mit dem die Lücke möglicherweise gefüllt werden soll, hilft dabei nicht wirklich weiter. Ausgerechnet im Verhältnis zur Türkei müssten das alle wissen. Es war die Bundesregierung selbst, die nach der Armenier-Resolution erklärt hatte, diese sei für eine Regierung nicht bindend. Wer das so deutlich ausgesprochen hat, sollte in der jetzigen Lage nicht mit einem Entschließungsantrag winken.

Es ist irgendwie verflixt, aber manchmal muss man entschlossen und klar sein, um wirklich zu überzeugen. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn die Koalitionsfraktionen sich anders entscheiden als die von ihnen gestützte Bundesregierung.

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