Bundeswehr:Aufstand der Generäle

Einen Sturm der Entrüstung hat Verteidigungs-Staatssekretär Wichert mit seinem Sparvorschlag bei der Bundeswehr ausgelöst. Statt Audi A4 sollten Brigadegeneräle und Flotillenadmirale nach SZ-Informationen künftig Opel fahren.

Peter Blechschmidt

Hierarchien gibt es überall. Nirgendwo werden sie so deutlich wie dort, wo die Position des Einzelnen durch eine Uniform kenntlich gemacht wird, also in einer Armee. Zivile Organisationen tun sich da etwas schwerer, wenngleich auch sie über die Jahrhunderte hinweg es verstanden haben, Statussymbole zu entwickeln. Das private Waschbecken im Wandschrank, das Büro im Eckzimmer, eine eigene Sekretärin oder gar zwei davon, der Parkplatz im Firmenhof - das und mehr sind die modernen Rangabzeichen unserer Zeit.

Der Parkplatz bildet die unauflösliche Symbiose mit dem sichtbarsten Privileg, das ein Gehaltsabhängiger in Anspruch nehmen kann: dem Dienstwagen. Ein Unternehmen, das Mitarbeitern einen fahrbaren Untersatz zur Verfügung stellt, hat natürlich auch eine ausgeklügelte Dienstwagenordnung. Die legt genau fest, in welcher Gehaltsstufe das Auto wie viel kosten darf. Den Geländewagen darf nur der Geschäftsführer fahren, Otto Normalangestellter muss sich mit einem Auto von der Stange begnügen.

Knabbern am Besitzstand

Auch die Bundeswehr, wiewohl schon reichlich bestückt mit Rangabzeichen, hat natürlich eine Dienstwagenordnung. Die hat sich vor einiger Zeit der beamtete Staatssekretär Peter Wichert - ein Zivilist - vorgenommen auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten. Wie es sich für einen fähigen Beamten gehört, wurde Wichert fündig.

Kurzerhand verfügte er, die Kategorie P4 - das waren Autos wie Audi A4 oder VW Passat - aus dem Fuhrparkkatalog zu streichen. Die bis dahin P4-Berechtigten waren Oberste und Kapitäne zur See beziehungsweise Brigadegeneräle - sogenannte Ein-Sterner, weil ihr Rang durch einen goldenen Stern auf der Schulterklappe markiert ist - und Flottillenadmiräle. Sie sollten künftig nur noch mit Autos der Kategorie P3 - Dreier-BMW, Ford Mondeo oder Opel Vectra - kutschiert werden dürfen.

Wer jemals versucht hat, an einem Besitzstand zu knabbern, kann sich vorstellen, welchen Sturm der Entrüstung der Vorstoß des Staatssekretärs unter den Ein-Sternern auslöste. Das sehe ja nun wirklich nicht so toll aus, wenn ein Brigade- oder Divisionskommandeur in Erfüllung seiner Repräsentationspflichten beim Jahresempfang des Ministerpräsidenten aus einem kleinen Opel klettern müsse, während jeder halbwegs gehobene Ministerialbeamte mit dem Daimler vorfahre, lautete eine der Klagen.

Privilegien der Einsterner

"Wer 50.000 Kilometer im Jahr durchs Land fährt, weil er einen großen Verantwortungsbereich hat, der sollte einigermaßen komfortabel reisen dürfen", warf sich ein Drei-Sterne-General für seine rangniedrigeren Kameraden in die Bresche. Sogar der Wehrbeauftragte Reinhold Robbe fand, dass der Staatssekretär doch ein bisschen zu wenig auf die Gefühle der Betroffenen geachtet habe.

Das tat dafür der Verteidigungsminister höchstselbst. Franz Josef Jung fand auch, dass die maximal im Jahr einzusparenden 160.000 Euro in keinem Verhältnis zum damit einhergehenden Motivationsverlust der Ein-Sterner stünden, und kippte den Wichert-Erlass. Für die Brigadegeneräle kommt es nun sogar noch besser.

P4 bleibt nämlich abgeschafft, weil man festgestellt hat, dass in dieser Kategorie die Firmenrabatte niedriger, die Betriebskosten aber genauso hoch sind wie in P5. Deshalb dürfen die Ein-Sterner künftig im Fünfer-BMW oder in der Mercedes E-Klasse vorfahren. Privilegien bewirken eine langfristige Bindung des Arbeitnehmers an seinen Arbeitgeber, sagen Betriebspsychologen. Das gilt wohl auch für Generäle.

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