Bundestagswahlkampf:Wie Merkel und Steinbrück um die Gunst der Mieter buhlen

Bezahlbares Wohnen war bisher ein Wahlkampfthema des SPD-Kanzlerkandidaten Steinbrück. Zu seinem Ärger buhlt aber nun Kanzlerin Merkel ebenfalls um die Stimmen der Mieter. Die Sozialdemokraten reagieren aufgebracht - und mit einem Aktionsprogramm.

Von Karin Janker

Wohnen ist in Städten wie München, Frankfurt oder Hamburg richtig teuer geworden. Dort zahlen Einwohner bis zur Hälfte ihres Einkommens für die Miete. Dass in Großstädten wie diesen auch jede Menge Wähler wohnen, haben nun die Parteien im Wahlkampf erkannt - und werfen sich ins Zeug, um deren Gunst zu gewinnen.

Überraschend kam ein aktueller Vorstoß von Kanzlerin Angela Merkel: Nach einem Bericht des Handelsblatts plane sie eine Mietpreisbremse, mit der sie im Wahlkampf punkten will. Bisher sei im Wohnungs- und Immoblienbericht der Bundesregierung von Wohnungnot allerdings keine Rede, sondern offiziell lediglich von Engpässen in einzelnen Regionen.

Merkels neuer Plan bedeutet eine Kehrtwende. Bisher hatte die Union nur den Bau neuer Wohnungen fördern wollen. Das seit Mai gültige Gesetz, nach dem die Länder selbst entscheiden dürfen, ob Mieten binnen drei Jahren nur noch um 15 Prozent steigen dürfen, bezieht sich bisher nur auf Bestands-Immobilien. Merkel wolle nun auch eine Deckelung für Neu-Vermietungen, berichtet das Handelsblatt.

Steinbrück wirbt bereits seit Januar für eine Mietpreisbremse

Der SPD und ihrem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück passt Merkels Vorschlag gar nicht, schließlich besetzt die Kanzlerin damit ein Thema der Sozialdemokraten. Steinbrück wirbt bereits seit Anfang des Jahres für eine Bremse bei Mietpreisen. Auf dem Deutschen Mietertag in München vor einer Woche hatte der Kanzlerkandidat die Bilanz der schwarz-gelben Bundesregierung im Bereich Wohnen und Mieten scharf kritisiert. Die Bundesregierung habe kein Konzept gegen steigende Mieten und zunehmende Wohnungsnot und verweigere sich in diesen Fragen.

Gestritten wird also auch darüber, wer beim Thema Mieten die Hoheit hat. "Am Abend wird die Faule fleißig", sagte Florian Pronold, Mitglied des Steinbrück-Wahlkampfteams und Chef der Bayern-SPD. Die Sozialdemokraten seien es zwar gewohnt, dass die Kanzlerin ihre Positionen übernehme. "Aber jetzt eine Mietpreisbremse zu fordern, ist Volksverdummung", sagte Pronold.

Die SPD schlägt mit "Aktionsprogramm" zurück

Im Kampf um die Wählergunst schlägt die SPD nun zurück. Bei einer Fachkonferenz in Hamburg am heutigen Freitag reagierte sie mit ihrem eigenen "Aktionsprogramm". Steinbrück sagte bei der Veranstaltung: "Die SPD will das Wohnen neu denken." Unter anderem sollen Mieten bei bestehenden Verträgen um nicht mehr als 15 Prozent in vier Jahren angehoben werden dürfen. Die Maklerkosten soll zudem bezahlen, wer den Vermittler eingeschaltet hat. Das bereits zu Jahresbeginn vorgestellte Papier mit 17 Einzelpunkten wurde zusammen mit Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und dem bayerischen SPD-Chef Pronold erstellt.

Steinbrück wolle im Fall eines Wahlsieges mit der Wohnungswirtschaft und Mieterverbänden ein Bündnis gegen steigende Wohnungsmieten ins Leben rufen. Die Eigenheimzulage wolle Steinbrück nicht wieder einführen: "Die kostet bei voller Wirksamkeit acht Milliarden Euro im Jahr." Auch eine Rückkehr zu höheren Abschreibungsmöglichkeiten bei der Steuer, wie sie Wohnungswirtschaft, Mieterbund und FDP fordern, lehnt die SPD als Förderung nach dem Gießkannenprinzip ab.

Außerdem will die SPD den Anstieg bei Wiedervermietung bei zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete deckeln. Zur Entlastung der Mieter sollen Eigentümer nur noch neun statt bisher elf Prozent der Kosten für Energiesparmaßnahmen auf die Miete umlegen dürfen.

Nach Einschätzung des Deutschen Mieterbundes fehlen in Deutschland 250.000 Wohnungen. Vor allem bei einem Mieterwechsel gebe es in begehrten Lagen drastische Preissteigerungen von 30 bis 40 Prozent.

Mit Material von Reuters.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: