Bundestagswahlkampf:Fünfkampf nach dem Duell

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Die Vertreter der kleinen Parteien liefern in ihrer TV-Debatte genau das, was viele Zuschauer beim Fernsehduell zwischen Angela Merkel und Martin Schulz am Abend zuvor vermissten: Dissens und Diskussion.

Von Lars Langenau, Berlin

Nach dem TV-Duell der Vorsitzenden der Volksparteien waren am Montagabend in Berlin die kleinen Parteien dran. Beim "Fünfkampf" in der ARD diskutierten Sahra Wagenknecht (Linke), Cem Özdemir (Grüne), Joachim Herrmann (CSU) sowie zwei Vertreter von Parteien, denen gute Chancen auf einen Einzug in den Bundestag vorhergesagt werden: für die FDP der Vorsitzende Christian Lindner, für die AfD Spitzenkandidatin Alice Weidel. Moderiert von Sonia Mikich und Christian Nitsche entfaltete sich eine teils hitzige Debatte, die eine Vielfalt an Themen streifte: vom Dieselskandal über den Ausbau des Glasfasernetzes bis zur Inneren Sicherheit.

Mit Sachfragen gab Mikich der Diskussion einen überschaubaren Rahmen und legte besonders die Schwächen der AfD offen. Weidel blieb in vielen Punkten schwammig. Immer wieder verwies sie auf den Euro und machte die EU für zahlreiche Probleme verantwortlich. So könne sozialer Wohnungsbau nur "Engpässe" ausgleichen, aber nicht die falsche Politik der EZB ausgleichen. Als ihr "Zeitkonto" überschritten war, ging das Wort an Wagenknecht. "Wir haben die Art der Euro-Rettung schon kritisiert, da gab es noch nicht einmal die AfD", sagte die Linken-Spitzenkandidatin. Es war nicht der einzige Moment des Abends, wo nicht nur Unterschiede, sondern auch Ähnlichkeiten zwischen der Linken und der AfD sichtbar wurden.

Cem Özdemir blieb blass und Joachim Hermann ein Außenseiter, natürlich auch weil seine CSU Teil der regierenden großen Koalition ist. Sachlich unterscheidet Bayerns Innenminister in der Frage nach dem Bleiberecht für Flüchtlinge zwischen anerkannten Asylbewerbern und denen, die nur ein vorübergehendes Bleiberecht haben. Linder pflichtete bei und verlangte ein Arbeitsrecht für diejenigen, die wirklich bleiben dürfen. Auch Weidel setzte sich für ein Einwanderungsgesetz ein, will aber mehr abschieben und griff Herrmann von rechts an. Bayern habe weniger Asylbewerber abgeschoben als das grün regierte Baden-Württemberg, behauptet sie. Für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus forderte sie eine Obergrenze, denkbar sei eine Größenordnung von 10 000.

FDP-Chef Lindner verwies auf zu wenige Polizisten und fehlende Koordinierung der Nachrichtendienste - und erhielt Unterstützung von der CSU. Es herrschte in der Runde große Einigkeit in dieser Frage. In einem Schlagabtausch mit Özdemir über die deutsche Russland-Politik wiederholte Lindner seine umstrittene Position zur Krim, die er kürzlich als "dauerhaftes Provisorium" bezeichnet hatte.

Am Ende bekam er noch einmal die Gelegenheit für einen Schlag gegen die AfD. Wagenknecht hatte Weidel gefragt, ob sie sich in ihrer Partei wohl fühle, bei der nun "Halbnazis" in den Bundestag einziehen könnten. Weidel verwies auf Einzelfälle und auf den "höchsten Akademisierungsgrad", den die AfD gegenüber den anderen Parteien habe. Aufschlag Linder: Hier gehe es "nicht um Doktortitel, sondern um Charakter".

© SZ vom 05.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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