Bundestagswahl:Was Sie vor dem Wählen wissen sollten

Ungültige Stimmen

Die Wahlbeteiligung ist bei Bundestagswahlen meist höher als bei Landtagswahlen.

(Foto: dpa)

Zweitstimme, Direktkandidat, Ausgleichsmandate, keine Selfies aus der Wahlkabine - ein paar Handreichungen für den Wahlsonntag.

Von Detlef Esslinger

Der Mensch liebt Trophäen, und eine besonders beliebte Trophäe ist das Selfie. Also gleich die Warnung davor: Die Bundeswahlordnung enthält neuerdings die Vorschrift, dass "in der Wahlkabine nicht fotografiert oder gefilmt werden" darf. Wen die Wahlhelfer dabei erwischen, dessen Stimmzettel müssen sie ablehnen.

Wie immer beim Bundestag haben die Wähler am Sonntag zwei Stimmen. Wie immer ist die Zweitstimme diejenige, die über die Mehrheit im Parlament entscheidet. Mit ihr kreuzt man eine Partei und deren Landesliste an. Grob gesagt: Eine Partei, die 30 Prozent der Zweitstimmen erhält, erhält auch 30 Prozent der Sitze.

Welche Bewerber aber erhalten diese Sitze? Zunächst all diejenigen, die als Direktkandidaten ihren Wahlkreis gewonnen haben - weil sie dort die meisten Erststimmen bekommen haben. Stehen einer Partei 30 Sitze zu und haben in 19 Wahlkreisen ihre Direktkandidaten gewonnen, so kommen zunächst diese 19 in den Bundestag. Die elf weiteren Plätze gehen an die ersten elf Bewerber auf der Liste (die nicht als Direktkandidat gewonnen haben).

Auch Platz eins der Liste bedeutet keine Garantie für den Kandidaten

SPD-Chef Martin Schulz und CSU-Spitzenkandidat Joachim Herrmann können auf jeden Fall nur via Liste in den Bundestag kommen - weil sie nirgendwo als Direktkandidaten antreten. Und weil es Landes-, aber nicht Bundeslisten sind, mit denen die Parteien antreten, steht Schulz nur in Nordrhein-Westfalen und Angela Merkel nur in Mecklenburg-Vorpommern auf dem Stimmzettel. Deswegen gibt es auch Spitzenkandidaten namens Schnieder (CDU, Rheinland-Pfalz), Pronold (SPD, Bayern), Wagner (Grüne, Hessen) oder Tackmann (Linke, Brandenburg).

Wie viele Abgeordnete der neue Bundestag haben wird, lässt sich noch nicht sagen. Das Wahlgesetz schreibt die Mindestzahl 598 vor, aber dem bisherigen Parlament gehörten 630 Abgeordnete an. Der Grund dafür: Bringt eine Partei zum Beispiel 33 Direktkandidaten ins Ziel, obwohl ihr auf der Basis der Zweitstimmen bloß 30 Sitze zustünden, so erringt sie auf diese Weise drei "Überhangmandate". Damit andere Parteien aber nicht infolgedessen unterproportional im Parlament vertreten sind, werden an sie, nach einem komplizierten Schlüssel, "Ausgleichsmandate" vergeben.

Wenn es für den CSU-Spitzenkandidaten Herrmann richtig blöd läuft, gewinnt seine Partei zwar sämtliche 46 bayerischen Wahlkreise, kommt bei den Zweitstimmen aber auf ein Ergebnis, das 46 oder weniger Mandate bedeuten würde - und Herrmann käme trotz Platz eins nicht nach Berlin.

Die Wahlbeteiligung ist bei Bundestagswahlen meist höher als bei Landtagswahlen, doch war sie die vergangenen beiden Male deutlich niedriger als sonst: um die 71 Prozent, während sie zuvor immer zwischen 77 und 91 Prozent lag. Wie motiviert man die Bürger? Der scheidende Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) versucht es mit Pädagogik: Wer daheimbleibe, habe "mindestens moralisch den Anspruch verwirkt, sich nachher zu beschweren". Die IG Metall wiederum entschied sich für Lakonie. Sie schrieb an ihre Mitglieder: "Wer nicht wählt, wird trotzdem regiert."

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