Bundestagswahl:Nach Kirgistan und Deutschland

Warum die OSZE im kommenden September Wahlbeobachter nach Deutschland schickt.

Von Sebastian Jannasch

Wahlen sind eine Methode zur Bestimmung von Regierungen, die manchen Machthabern zu ungewiss sind. Internationale Wahlbeobachter stellten beim türkischen Verfassungsreferendum im April einen "Missbrauch staatlicher Ressourcen" fest. Auch bei der Wahl zum mongolischen Präsidenten Anfang Juli berichtete die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) von Beschwerden über gekaufte Stimmen. In diesem Jahr noch auf der Agenda der OSZE-Experten: die Präsidentenwahl in Kirgistan - und die deutsche Bundestagswahl.

Mitte Juli reiste eine Vorab-Mission der Organisation nach Deutschland, traf sich mit den großen Parteien sowie Vertretern von Ministerien, Medien und Zivilgesellschaft. In den kommenden Tagen gibt die OSZE bekannt, ob sie eine Delegation ihres Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) im September nach Deutschland entsenden wird. Schon jetzt steht fest, dass die Parlamentarische Versammlung der OSZE Abgeordnete aus den 57 Mitgliedsstaaten in deutsche Wahllokale schicken wird.

Deutschland im Visier von Wahlbeobachtern? Vor allem am rechten Rand wird der Schritt als Misstrauensvotum gewertet sowie als Bestätigung, dass hierzulande bei der Auszählung mit Manipulationen zu rechnen sei. Bei der OSZE ist man von dieser Lesart überrascht. "Es sind keine innerdeutschen Gründe, die zu dem Entschluss geführt haben", sagt Iryna Sabaschuk, die Organisatorin der parlamentarischen Beobachter-Missionen.

Andere Motive sind entscheidend. Ein Prinzip der Institution mit Sitz in Wien ist es, dass sich alle Mitglieder gegenseitig beobachten - also der prüfende Blick nicht nur von West nach Ost geht. "In der Vergangenheit ist bei manchen der Eindruck entstanden, dass vor allem Wahlen östlich von Wien beobachtet werden. Wir wollen zeigen, dass es eine ausgeglichene Beobachtung gibt", sagt Sabaschuk.

2009 und 2013 waren auch schon Delegationen da. "Die Wahlbeobachter kommen nicht auf Wunsch einzelner Parteien oder Gruppen. Dann würde man sich zum politischen Instrument machen lassen", sagt Michael Georg Link, der bis Ende Juni als ODIHR-Direktor die Wahlbeobachtungen verantwortete (und das Amt aufgab, weil er wieder für die FDP in den Bundestag will). Berlin hatte die Beobachter schon im März eingeladen.

Entscheidet die OSZE sich für eine Mission, veröffentlicht das Wahlbeobachter-Büro einen Bericht, im dem auch Verbesserungsvorschläge stehen. "Die Empfehlungen sind zwar rechtlich nicht verbindlich, sie bedeuten aber eine politische Verpflichtung", sagt Link.

Frei von Makeln ist auch das deutsche Wahlsystem nicht. Im Bericht von 2009 bemängelten die Beobachter unter anderem, dass für Vereinigungen, die vom Bundeswahlausschuss nicht als Parteien anerkannt werden, keine Möglichkeit bestand, dagegen Einspruch zu erheben. Die Ermahnung zeigte Wirkung. In der folgenden Legislaturperiode ergänzte der Bundestag das Bundeswahlgesetz. Seitdem können abgelehnte Vereinigungen dagegen Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegen. Derzeit versuchen sieben Vereinigungen, auf diese Weise noch an der Wahl im September teilzunehmen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: