Die gute Nachricht verkündet ein Deutscher. Die EU-Kommission sitzt in Sofia gerade mit der bulgarischen Regierung zusammen, als Haushaltskommissar Günther Oettinger von der Einigung bei den Sondierungsgesprächen zwischen CDU, CSU und SPD in Berlin berichtet. Bulgariens Ministerpräsident Boiko Borissow hört das ausgesprochen gern.
Sein Land hat gerade die EU-Ratspräsidentschaft übernommen und will bei etlichen Streitthemen, etwa bei der Migration, voran kommen. Ohne eine voll funktionsfähige Regierung in Berlin, das weiß Borissow, wird daraus nichts. "Wir warten recht ungeduldig", sagt Brorissow später vor der Presse. Wenn es wirklich eine Einigung gebe in Berlin, dann sei das eine sehr gute Nachricht.
Nur einer freut sich noch mehr: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Er hat den europapolitischen Teil der Vereinbarung schon am Morgen gelesen und ist, wie er sagt, "voll umfänglich zufrieden". Es sei ein "sehr erheblicher, positiver, konstruktiver, zukunftsorientierter Beitrag zur europapolitischen Debatte".
Juncker und seine Leute haben erfreut registriert, dass Europa am Anfang des 28-seitigen Papiers steht und dass dort ein "neuer Aufbruch für Europa" gefordert wird. Auch inhaltlich kommen viele Formulierungen nicht nur dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und seinem Ruf nach mehr Europa entgegen, sondern eben auch der EU-Kommission. "Wir sind auch zu höheren Beiträgen Deutschlands zum EU-Haushalt bereit", ist so ein Satz.
Sondierungspapier:Das steht im Abschlusstext von Union und SPD
Der 28-seitige Text soll die Grundlage für die Koalitionsverhandlungen bilden. Die wichtigsten Punkte im Überblick: von Finanzen über Migration bis zu Klima und Digitalisierung.
Brüssel glaubt fest an eine große Koalition
In Sachen Euro-Zone haben sich die CDU, CSU und SPD auf eine Linie verständigt, die jener Junckers nicht unähnlich ist. Zwar ist da von einem "künftigen Investivhaushalt für die Eurozone" die Rede. Das klingt zunächst nach einem speziellen Budget für die Eurozone, wie Macron das gerne hätte. Konkret aber wird in dem Papier nur befürwortet, im EU-Haushalt Mittel für Strukturreformen in der Eurozone bereitzustellen.
Das entspricht Junckers Linie, der keine Parallelstrukturen außerhalb der Fittiche der EU-Kommission wünscht. Außerdem, argumentiert er, würden früher oder später ohnehin fast alle EU-Staaten den Euro übernehmen. So steht es schließlich auch im EU-Vertrag.
In Brüssel will man nun fest daran glauben, dass die Einigung tatsächlich in Koalitionsverhandlungen und einer Regierungsbildung mündet. Das Jahr 2018 war schon vor längerer Zeit zum "Jahr der Entscheidung" erklärt worden, in dem sowohl die Reform der Eurozone als auch eine Ende im Streit über Migration und Verteilungsquoten in Sicht kommt - noch bevor 2019 dann Großbritannien austritt und Europawahlen die Brüsseler Maschine in den Leerlauf zwingen.
Mit dem nicht enden wollenden Berliner Koalitionsdrama aber waren zuletzt die Zweifel gewachsen, dass 2018 wirklich etwas bewegt werden kann. Nun aber, wird in der EU-Kommission womöglich etwas verfrüht frohlockt, öffne es sich wirklich, das "Fenster der Gelegenheit".