Bundestagswahl 2009:"Bitterer Tag für die Sozialdemokratie"

CDU und FDP können gemeinsam regieren. Die Liberalen verzeichnen das beste Ergebnis ihrer Geschichte - und die SPD erleidet dramatische Verluste.

P. Fahrenholz u. M. Hoch

Zum ersten Mal seit fünfzehn Jahren haben Union und FDP wieder eine Mehrheit bei einer Bundestagswahl gewonnen. Auch ohne Überhangmandate reicht es für eine schwarz-gelbe Regierung.

Die Auszählung aller 299 Wahlkreise ergab, dass die Union mit Kanzlerin Angela Merkel zwar Einbußen hinnehmen musste und nur auf 33,8 Prozent kam, nach 35,2 Prozent vor vier Jahren. Die FDP erzielte jedoch mit 14,6 Prozent ihr bestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl. Von den - mit Überhangmandaten - 623 Sitzen entfallen auf Union und FDP 332. Die SPD stürzte dramatisch ab und kam nur noch auf 23,0 Prozent. Das ist ihr schlechtestes Nachkriegsergebnis.

Die beiden anderen kleinen Parteien konnten sich ebenfalls verbessern. Die Linkspartei erreichte 11,9 Prozent, die Grünen kamen auf 10,7 Prozent. Einen Achtungserfolg verbuchte die neu gegründete Piratenpartei, die knapp zwei Prozent der Stimmen erhielt. Diese Zahlen wurden in der Nacht auf Montag als vorläufiges amtliches Endergebnis vom Bundeswahlleiter erwartet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, die Union habe "etwas Tolles" geschafft. Es sei gelungen, eine stabile Mehrheit in einer neuen Regierung zu erreichen.

Der Regierungswechsel aus der großen Koalition heraus in eine neue Regierung sei eine Premiere angesichts des Viel-Parteien-Systems. Ohne auf die Verluste für die Union einzugehen, sagte die Kanzlerin, "wir wollen Volkspartei bleiben". Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle leitete aus dem besten Ergebnis der FDP in ihrer Geschichte deutliche Mitspracherechte seiner Partei ab: "Wir sind bereit, die Verantwortung zu übernehmen." Die FDP müsste dafür sorgen, dass es in Deutschland ein gerechteres Steuersystem und bessere Bildungschancen gebe und die Bürgerrechte wieder gelten würden. Westerwelle kündigte an, seine Partei werde "Schritt für Schritt" alles, was sie vor der Wahl versprochen habe, auch "durchsetzen".

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier räumte die Niederlage seiner Partei ein. Das Ergebnis sei "ein bitterer Tag für die deutsche Sozialdemokratie". Steinmeier kündigte noch am Abend an, er stehe für den Fraktionsvorsitz zur Verfügung. Auf die SPD komme jetzt die Rolle als Opposition zu. Sie werde darauf achten, wie sich die neue Mannschaft aus Union und FDP bewähre. "Ich behalte meine Zweifel, dass sie es kann", sagte Steinmeier.

Schwierige Koalitionsverhandlungen warten

Die Verluste der Union sind fast ausschließlich Folge des schlechten Abschneidens der CSU in Bayern. Die Schwesterpartei kam dort auf nur 42,6Prozent der Stimmen und erlebte damit ein Fiasko. Im übrigen Bundesgebiet kam die CDU in etwa auf ihr Ergebnis von 2005.

Angesichts des zwar knappen, aber eindeutigen Wahlausgangs ist die künftige schwarz-gelbe Koalition nicht auf die Überhangmandate angewiesen. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate gewinnt, als ihr nach dem Zweitstimmen-Anteil zustehen würden.

Die Wahlbeteiligung war laut Hochrechnungen deutlich geringer als vor vier Jahren. Im Jahr 2005 hatten 77,7 Prozent der Berechtigten gewählt - der niedrigste Wert in der Geschichte der Bundesrepublik. Diesmal sollen nur noch gut 71 Prozent an die Urnen gegangen sein.

Obwohl Union und FDP im Wahlkampf immer wieder betont hatten, ein schwarz-gelbes Bündnis sei ihre politische Wunschkonstellation, dürften die anstehenden Koalitionsverhandlungen schwierig werden. Zwischen beiden Parteien gibt es zahlreiche Konfliktpunkte. Die Liberalen dürften eine schärfere Regelung der Finanzmärkte ablehnen. Zudem fordern sie einen Rückzug des Staates aus angeschlagenen Banken.

Ihr Ziel, die Steuern deutlich zu senken, werden die Liberalen angesichts der immensen Staatsverschuldung kaum durchsetzen können. Umgekehrt lehnt die CSU Kürzungen im Sozialbereich zur Haushaltssanierung strikt ab. Auch die FDP-Forderungen, den Kündigungsschutz zu lockern und die Bundesagentur für Arbeit aufzulösen, lehnt die Union ab. Weitere Konflikte zeichnen sich in der Gesundheitspolitik und bei der inneren Sicherheit ab.

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