Bundestagswahl:Auftritt der Splitter-Aktivisten

"Der Aufbruch kann nicht von heute auf morgen erfolgen": Viele Mini-Parteien dürfen nicht zur Bundestagswahl antreten - Gabriele Pauli schon.

Johann Osel, Berlin

Flache politische Hierarchien und eine unkomplizierte Kommunikation sind heutzutage gefragter denn je, und so müsste die Bürger-Partei Deutschland (BPD) von Matthias Jürgens eigentlich geradezu als Musterbeispiel gelten. Im Bundesvorstand der Bremer Partei sitzen Matthias Jürgens und Ursula Jürgens als Vorsitzende sowie Schriftführer Christian Jürgens und Schatzmeister Dietmar Jürgens. Voller Hoffnung war der Mini-Partei-Chef am Freitag nach Berlin gekommen, um sich zusammen mit 51 weiteren politischen Gruppen vom Bundeswahlausschuss die Zulassung für den 27. September abzuholen.

Bundestagswahl: Darf mit ihrer Partei zur Bundestagswahl: Gabriele Pauli.

Darf mit ihrer Partei zur Bundestagswahl: Gabriele Pauli.

(Foto: Foto: dpa)

"Man hat den Eindruck, dass das nur ein Familienverband ist", sagte Ausschussmitglied Cornelia Sonntag-Wolgast (SPD) und Bundeswahlleiter Roderich Egeler holte in dem Gremium nur Nein-Stimmen ein. "Der Aufbruch kann nicht von heute auf morgen erfolgen", legte Jürgens noch nach, der sich übrigens hartnäckig weigerte, die Mitgliederzahl zu nennen. Seine Partei ist nun gemäß Bundeswahlgesetz keine Partei, sie darf nicht antreten. Reihenweise endete bei dem kuriosen Schaulaufen der Splitter-Aktivisten der Traum von der Bundestagskandidatur.

Es war nur ein wirklich bekanntes Gesicht unter den Antragsstellern, sie schneite in den Sitzungssaal immer wieder mal hinein und wieder hinaus, bis sie endlich an die Reihe kam: Gabriele Pauli. Die Fürther Ex-Landrätin, Ex-CSU-Rebellin und Ex-Spitzenkandidatin der Freien Wähler will mit ihrer erst im Juni gegründeten Freien Union in den Bundestag.

Die formalen und materiellen Voraussetzungen seien erfüllt, sagte Wahlleiter Egeler. Nach Angaben Paulis hat die Freie Union mittlerweile mehr als 1000 Mitglieder sowie acht Landesverbände, weitere acht seien in Gründung. Ähnlich bei der Piratenpartei, die nach dem Übertritt des SPD-Politikers Jörg Tauss sogar einen Bundestagsabgeordneten stellt. Die Internet-Aktivisten, die es auf mehr als 4000 Mitglieder und 16 Landesverbände gebracht haben, dürfen ebenfalls antreten.

Etablierte Kleinparteien wurden durch die Bank für geeignet befunden, etwa die Bayernpartei, die Bibeltreuen Christen, die Violetten oder die Tierschutzpartei. Viele andere Mini-Parteien bekamen dagegen eine Abfuhr: Die Humanwirtschaftspartei, die Soziale Alternative für Gerechtigkeit (SAG) oder die Acht-Mitglieder-Gruppe "Bürgerpartei für alle" (BPA) wurden einstimmig abgelehnt. Dabei hätte BPA-Chef Wilhelm Krestel eine bahnbrechende Idee gehabt, mit der er "als Juniorpartner einer Volkspartei" reüssieren wollte - die Roboter-Steuer. 30 Prozent ihres Gewinns müssten demnach alle Firmen, die Roboter einsetzen, berappen, um den Verlust menschlicher Arbeitskraft auszugleichen.

Der Ausschuss war aber weniger am Programm als an den schlechten Strukturen der Parteien interessiert. Auch die Anarchisten der APPD wurden diesmal abgelehnt. Da half es auch nichts, dass es ein APPD-Mann im Muskelshirt kurz darauf als Vertreter der Pogo-Partei (POP) erneut probierte. Insgesamt sind nun 21 Splitterparteien bei der Wahl dabei - sofern sie noch die erforderlichen Unterschriften für die einzelnen Landeslisten erbracht haben. DVU und NPD mussten das Verfahren nicht mitmachen, weil sie Landtagsmandate haben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: