Bundestag:Türkei warnt Deutschland wegen Armenien-Abstimmung

German Economy Minister Gabriel, German Minister for Foreign Affairs Steinmeier and German Chancellor Merkel arrive for the weekly cabinet meeting at the Chancellery in Berlin

Gabriel, Steinmeier und Merkel (von links) werden bei der Armenien-Abstimmung im Bundestag fehlen.

(Foto: REUTERS)
  • Merkel, Gabriel, Steinmeier nehmen nicht an Bundestags-Votum teil.
  • Türkischer Regierungschef nennt Resolution "lächerlich".
  • Armeniens Präsident fordert Bundestag zur Standfestigkeit auf.

Kurz vor der Armenier-Resolution des Bundestages hat die Türkei ihre Tonlage gegenüber Deutschland verschärft. Der türkische Regierungschef Binali Yildirim warnte, dass die Genozid-Bezeichnung für den Massenmord an Armeniern vor 101 Jahren die Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland beschädigen könnte.

Dagegen appellierte Armeniens Präsident Sersch Sargsjan an die Abgeordneten, sich dem Druck aus Ankara nicht zu beugen. Sargsjan sagteder Bild, den deutschen Politikern sollten gemeinsame Werte wichtiger sein als kurzfristige Interessen. "Es ist nicht fair, wenn man den Völkermord an den Armeniern nicht Völkermord nennen darf, nur weil der Staatschef eines anderen Landes dann wütend wird."

Merkel und Erdoğan telefonieren

Der Bundestag will eine von Union, SPD und Grünen getragene Erklärung verabschieden, in der die Ermordung von bis zu 1,5 Millionen Armeniern während des Ersten Weltkrieges Völkermord genannt wird. Die Aufarbeitung belastet noch heute das Verhältnis zwischen der Türkei und Armenien sowie etlichen westlichen Staaten. 2011 hatte Frankreich das Leugnen von Genoziden unter Strafe gestellt und die Morde an Armeniern einbezogen. Die Türkei hatte darauf ihren Botschafter vorübergehend abgezogen.

Am Dienstag hatten Merkel und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan miteinander telefoniert. Die Bundesregierung hatte die türkische Regierung aber schon zuvor über die Bundestagsabstimmung informiert. Es sei nicht das Ziel, die aktuelle türkische Regierung zu kritisieren oder an den Pranger zu stellen, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht. Es gehe darum, eine Mitschuld des deutschen Kaiserreichs zu benennen und so den Weg frei zu machen für Versöhnung.

Merkel, Gabriel, Steinmeier nehmen nicht teil

Weder Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Vizekanzler Sigmar Gabriel (beide SPD) werden an der Abstimmung teilnehmen.

Merkel und Gabriel haben am Donnerstag andere Termine und nehmen deshalb nicht an der Abstimmung teil. Die Kanzlerin empfängt den Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Der Vizekanzler redet zum Zeitpunkt der Abstimmung vor der deutschen Bauindustrie. Außenminister Steinmeier fliegt Mittwochabend nach Südamerika. Die CDU-Vorsitzende hatte aber am Dienstag in der Unions-Fraktionssitzung bei einer Probeabstimmung für die Resolution gestimmt. Gabriel hat sie offen unterstützt.

Der Bund der Vertriebenen erklärte, ethnische Säuberungen und Vertreibungen jeder Art seien Menschenrechtsverletzungen. Die Resolution sei als ein deutliches Signal an die Türkei und an Armenien zu verstehen: "Die damaligen Ereignisse müssen beim Namen genannt werden und ungeschönt aufgearbeitet werden, um die Verständigung zwischen den beiden Länder weiter voranzubringen."

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