Bundestag:"Ich will, dass das Töten aufhört"

  • Bundestagsabgeordnete verlangen von Merkel, beim Treffen mit dem russischen Präsidenten auch über die Lage in Syrien zu sprechen.
  • Putin und Merkel treffen sich am Abend im Kanzleramt mit François Hollande und Petro Poroschenko. Vorrangig soll es um die Lage in der Ukraine gehen.
  • Doch die Lage in Syrien soll nicht ausgeklammert werden, das hat die Bundesregierung deutlich gemacht.

Von Benedikt Peters

Die Bundestagsabgeordneten haben Kanzlerin Angela Merkel dazu aufgerufen, Russlands Präsidenten Putin auf Menschenrechts- und Kriegsverbrechen in Syrien anzusprechen. Moskau und die Assad-Truppen bombardierten nicht nur Menschen, sondern auch alles, "was diesen Menschen helfen kann", sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder. SPD-Verteidigungsexperte Rolf Mützenich kritisierte, nicht einmal humanitäre Helfer seien vor den Bomben sicher.

Nur wenige Meter Luftlinie entfernt von dort, wo die Abgeordneten über die dramatische Lage in Syrien debattieren, wird am Abend der Mann zugegen sein, der zu einem Gutteil für diese dramatische Lage verantwortlich ist. Gegen 18 Uhr wird der russische Präsident Wladimir Putin im Kanzleramt erwartet. Regierungschefin Angela Merkel wird ihn empfangen.

Russland trägt nicht die alleinige Verantwortung

Im Bundestag forderte Linken-Politiker Wolfgang Gehrcke die Bundesregierung auf, sich mit Putin auf eine Waffenruhe zu einigen. Zuletzt hatten Russland und das Assad-Regime in der Gegend um Aleppo eine einseitige Feuerpause ausgerufen, Bemühungen um eine dauerhafte Waffenruhe aber waren immer wieder ins Stocken geraten. "Ich will, dass das Töten aufhört", sagte Gehrcke. Selbst, wenn eine Feuerpause nur von kurzer Dauer sei, sei sie lohnenswert. Seine Parteikollegin Heike Hänsel bemerkte, dass nicht nur Russland und die Assad-Truppen, sondern auch weitere Staaten und Gruppen für die Toten in Syrien Verantwortung trügen.

Am Abend im Kanzleramt werden Putin und Merkel nicht allein sein, zugegen sind auch François Hollande und Petro Poroschenko, die Präsidenten Frankreichs und der Ukraine. Vorrangig soll es um die Lage in der Ukraine gehen, wo sich von Russland unterstützte Separatisten und Regierungstruppen seit mehr als zweieinhalb Jahren feindlich gegenüber stehen.

Doch die Lage in Syrien soll nicht ausgeklammert werden, das hat die Bundesregierung deutlich gemacht. Putin drängt seit Längerem auf ein Treffen zur Ukrainekrise. Im Gegenzug aber verlangte die Bundesregierung nach SZ-Informationen, auch über Syrien zu sprechen.

Merkel dämpft die Erwartungen

Angesichts des Grauens in dem Bürgerkriegsland hätte alles andere einen Gesichtsverlust für die Bundesregierung bedeutet, ebenso wie für die französische Regierung. Vergangene Woche hatte der russische Präsident noch einen Besuch in Frankreich abgesagt, nachdem Hollande signalisiert hatte, ausschließlich über die Lage in Syrien sprechen zu wollen.

Westliche Länder werfen Moskau Kriegsverbrechen und bewusste Angriffe auf die syrische Zivilbevölkerung vor, insbesondere in Gebieten um die umkämpfte Stadt Aleppo. Die russische Regierung unterstützt den syrischen Machthaber Baschar al-Assad unter anderem mit Luftangriffen auf die Rebellen. Zudem wird Moskau vorgeworfen, eine Lösung des syrischen Bürgerkriegs unter anderem im UN-Sicherheitsrat zu blockieren.

Ob das Treffen mit Putin in Berlin zu einer Lösung dieser Situation beitragen kann, ist fraglich. Die Kanzlerin hat die Erwartungen gedämpft. Mit dem russischen Präsidenten über die Lage in dem Bürgerkriegsland zu sprechen, sei "immer wieder notwendig." Man dürfe aber auch "keine Wunder erwarten."

Die Bundestagsabgeordneten debattierten auch über die Lage im irakischen Mossul. Derzeit läuft dort eine Offensive, mit der die Hochburg der Terrormiliz "Islamischer Staat" befreit werden soll. Unions-Fraktionschef Volker Kauder sagte, die Entwicklung in Mossul betrachte man mit Zuversicht, da Vertreibung des IS wohl bevorstünde. Damit sei es aber nicht getan. "Unsere Aufgabe ist, alles dafür zu tun, dass wir eine politische Konferenz dafür bekommen, wie es weitergehen soll." Kauder erinnerte an das Machtvakuum im Irak nach dem Sturz Saddam Husseins, das mit zum Aufstieg des IS geführt habe. Die Fehler der Vergangenheit dürften nicht wiederholt werden.

Grünen-Politikerin Claudia Roth pflichtete dem bei. "Die Befreiung Mossuls mag militärisch erreichbar sein." Die Befriedung der Region aber sei nur politisch zu erzielen.

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