Bundestag:Bindestriche, Pluszeichen

Bei der Haushaltsdebatte war zu spüren: der Wahlkampf hat begonnen.

Von Heribert Prantl

Sahra Wagenknecht ist das größte Talent der Opposition. Sie schaffte es, als Eröffnungsrednerin der Generaldebatte im Bundestag die Generalaufmerksamkeit des Hauses auf sich zu ziehen. Sie schaffte es, die sozialen Probleme, die es in diesem reichen Land gibt, pointiert, klug und eingängig zu beschreiben. Sie schaffte es, die Leute nachdenklich zu machen. Sie schaffte es sogar, an der Wahl und dem Programm von Donald Trump etwas Gutes zu finden; sie suchte im Geröll des Trump'schen Wahlkampfs nach ein paar Nuggets - aber das tat sie so unsensibel, dass der SPD-Fraktionschef ätzen konnte: "Populisten aller Länder vereinigt euch!"

Aber so leicht darf man es sich nicht machen mit der Analyse der Malaisen. So leicht machten sich das die Parteien auch nicht, obschon etliche Redner betonten, dass es den Deutschen noch nie so gut gegangen sei. In den Reden fanden sich nachdenklichere Töne als sonst. Gewiss: Es fegte kein neuer Geist durchs Haus, aber man spürte, dass der Wahlkampf mehr bringen soll als die Aufzählung von Spiegelstrichen. Der Kanzlerin merkte man an, dass sie sich rüstet.

Rot-Rot-Grün, auch das zeigte die Debatte, ist weiter auseinander, als es zwei Bindestriche demonstrieren. Aber man hat in den letzten Monaten schon umstürzendere Dinge erlebt, als dass Bindestriche sich zu Pluszeichen gekreuzt hätten. Der Wahlkampf hat erst begonnen.

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