Bundestag:Antrag auf Amri-Ausschuss

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Die Union strebt nun doch einen Konsens im Parlament zur Aufklärung des Weihnachtsmarkt-Anschlags an.

Von Hans Leyendecker, München

Der erste Untersuchungsausschuss des neugewählten Bundestages soll sich mit dem Fall des tunesischen Attentäters Anis Amri beschäftigen. Die Unionsparteien streben nach Auskunft einer Sprecherin an, dazu in der nächsten Woche einen fraktionsübergreifenden Antrag einzubringen. Ein Entwurf für den Auftrag des Gremiums liegt vor. Auch SPD, Grüne, Linke und FDP hatten sich für einen Untersuchungsausschuss ausgesprochen. Die Union hat auch die AfD gebeten, einen Gesprächspartner für die Einsetzung des Ausschusses zu benennen. Am Montag tauschten die sechs Fraktionen im Bundestag sich erstmals dazu aus.

Im Fall Amri gibt es bereits Untersuchungsausschüsse in Berlin und Nordrhein-Westfalen. Ein Sonderermittler in Berlin, der frühere Bundesanwalt Bruno Jost, hatte vor Wochen einen Bericht vorgelegt und über das Versagen diverser Behörden berichtet. Im Berliner Abgeordnetenhaus erklärte er dazu bei einer Befragung, es sei zu einer "kaum verständlichen Kette von Versäumnissen" gekommen.

Der Islamist Anis Amri hatte am 19. Dezember 2016 einen Lastwagen in seine Gewalt gebracht und war damit in den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz gerast. Bei dem Attentat starben zwölf Menschen, 67 weitere wurden verletzt. Vier Tage später wurde Amri auf der Flucht von der Polizei in Italien erschossen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel stellt sich am 18. Dezember der Kritik der Hinterbliebenen

Schon kurz nach dem Anschlag hatten Grüne und Linke einen Untersuchungsausschuss im Bundestag gefordert. Union und SPD aber waren damals dagegen. Sie brachten stattdessen eine Untersuchung im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages auf den Weg.

Zuletzt waren aber auch aus der SPD Rufe nach einem Untersuchungsausschuss auf Bundesebene gekommen. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte Ende November eine neu aufgetauchte Ermittlungspanne im Fall Amri zum Anlass genommen, einen Untersuchungsausschuss zu fordern. Es war bekannt geworden, dass das Landeskriminalamt in Nordrhein-Westfalen bei einer Auswertung eines bei Amri in Berlin sichergestellten Handys mehrere Fotos übersehen hatte, die ihn mit einer Schreckschusswaffe zeigten.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich bei einem schon länger geplanten Treffen mit Hinterbliebenen des Terroranschlags am 18. Dezember der Kritik an einer angeblich unzureichenden staatlichen Unterstützung stellen. Falls nötig, würden Konsequenzen gezogen, kündigte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag an. Das Treffen sei schon länger geplant gewesen. Hinterbliebene der Opfer hatten Merkel in einem offenen Brief Untätigkeit und politisches Versagen vorgeworfen. Bislang haben Opfer des Terroranschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt etwa 1,6 Millionen Euro als Unterstützung erhalten. Anträge können auch weiterhin eingereicht werden.

© SZ vom 05.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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