Bundesregierung:Migrationspolitik im Mittelpunkt

Schon vor ihrem Neustart fordert die große Koalition schnellere Asylverfahren und eine "ehrlichere Debatte" über Integration.

Von Robert Roßmann, Berlin

Die große Koalition rückt bereits vor der Vereidigung der neuen Regierung die Flüchtlingspolitik in den Mittelpunkt. Der designierte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte einen "Masterplan für schnellere Asylverfahren und konsequentere Abschiebungen" an. Die Zahl der Rückführungen müsse deutlich erhöht werden, "besonders bei Straftätern und Gefährdern unter den Asylbewerbern müssen wir härter durchgreifen", sagte der CSU-Chef der Bild am Sonntag. Wer straffällig geworden sei, habe in Deutschland "nichts verloren und muss schnellstmöglich abgeschoben werden".

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig verlangte eine Auseinandersetzung über die Versäumnisse bei der Integration von Flüchtlingen. "Wir alle, auch die SPD, müssen uns eingestehen, dass wir die Debatte über faktische Grenzen der Integration stärker und ehrlicher mit den Leuten führen müssen, ohne die Aufnahme von Flüchtlingen infrage zu stellen", sagte Schwesig. Die als Familienministerin vorgesehene Franziska Giffey (SPD) äußerte sich ähnlich.

Es sei "gut, dass alle Koalitionspartner das Thema Integration nun in seiner vollen Breite in den Blick nehmen", sagte die designierte Integrations-Staatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU) der Süddeutschen Zeitung. Die Regierung habe "noch viel Arbeit" vor sich - und "da müssen alle an einem Strang ziehen". Nötig sei jetzt "weder Beschwichtigung noch Dramatisierung, sondern eine sachliche Debatte über die Regeln unseres Zusammenlebens".

Schwesig hatte der Welt am Sonntag gesagt, der Umgang mit der Essener Tafel zeige, "wie fern Berliner Politik von den konkreten Problemen vor Ort sein kann". Die Sozialdemokratin beklagte, dass "mit dem moralischen Zeigefinger auf Menschen" gedeutet worden sei, die sich seit 16 Jahren für sozial Schwache engagieren. Egal ob man die Entscheidung der Essener Tafel, für eine gewisse Zeit keine weiteren Ausländer aufzunehmen, für richtig halte oder nicht: "Da ruft niemand an, da fährt keiner hin, da wird aus Berlin beurteilt: ,Das ist nicht gut'", sagte Schwesig. Derartige Beiträge "vertiefen den Graben zwischen Bürgern und Bundespolitik".

Es sei wichtig, dass die sogenannten Ankerbehörden für Asylbewerber jetzt schnell ihre Arbeit aufnehmen, sagte Seehofer. "Denn dann bleiben die Flüchtlinge, bis über ihren Asylantrag entschieden ist, in diesen Entscheidungszentren und werden nicht auf die Gemeinden verteilt." Die Entscheidung über die Anträge müsse künftig "in wenigen Monaten fallen".

Der CSU-Vorsitzende sprach sich außerdem für eine Verlängerung der Kontrollen an der deutschen Grenze aus. Erst wenn die Außengrenzen der Europäischen Union wirksam geschützt seien, dürften die Binnen-Grenzkontrollen wegfallen. Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), sagte der SZ, bisher bestehe "die gemeinsame Grenzsicherung aus 1500 EU-Beamten". Was Europa brauche, seien aber "mindestens 10 000" einsatzfähige Beamte.

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