Bundesregierung bestätigt:Deutsche Soldaten hatten Kontakt zu Kurnaz

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Angehörige der Bundeswehr sind dem Deutsch-Türken in Afghanistan begegnet - aber offenbar nur flüchtig. Schläge, wie von Kurnaz behauptet, oder sonstiges "Fehlverhalten" soll es laut Verteidigungsministerium nicht gegeben haben.

Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt hat bestätigt, dass es im Januar 2002 in Afghanistan Kontakte zwischen Bundeswehrsoldaten und dem in Bremen wohnenden Türken Murat Kurnaz gegeben habe. Allerdings seien dies nach bisherigen Erkenntnissen "verbale, nicht körperliche Kontakte" gewesen, sagte der CSU-Politiker am Mittwoch am Rande einer Sitzung des Verteidigungsausschusses in Berlin.

Murat Kurnaz bei seinem Fernsehauftritt (Foto: Foto: AP)

Für die Behauptung des ehemaligen Guantanamo-Häftlings Kurnaz, dass er in Afghanistan von deutschen Soldaten misshandelt worden sei, gebe es bisher keine Anhaltspunkte. "Es ist kein Fehlverhalten festzustellen", sagte Schmidt. Er sicherte zu, dass das Verteidigungsministeriums weiterhin eine offene Informationspolitik betreiben werde. Ob ein Untersuchungsausschuss dem Thema angemessen sei, bezweifelte er.

Verteidigungsministerium hat keine Hinweise auf Folter

Dagegen planen die Koalitionsfraktionen von Union und SPD übereinstimmenden Medienberichten zufolge einen solchen Ausschuss. Dabei solle es um den Vorwurf des ehemaligen Guantanamo-Häftlings gehen, Anfang 2002 in einem US-Gefängnis in Afghanistan von deutschen Soldaten misshandelt worden zu sein.

Wie die Bild-Zeitung berichtete, soll der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss eingesetzt werden. CDU/CSU und SPD wollen die Entscheidung noch am Mittwoch herbeiführen, berichtete das Blatt unter Berufung auf Koalitionskreise. Eine Entscheidung des Gremiums steht aber zurzeit noch aus.

Der FDP-Außenpolitiker Werner Hoyer und das FDP-Mitglied im BND-Untersuchungsausschuss Max Stadler sagten der Zeitung, sollte der BND-Ausschuss seine Zuständigkeit verlieren, wäre dies ein weiterer Beweis dafür, dass die Koalition die Angelegenheit vertuschen und verheimlichen will.

Im Verteidigungsausschuss des Bundestags wird zurzeit über den Fall Kurnaz debattiert. Kurnaz war im Dezember 2001 als angeblicher Taliban-Kämpfer in Pakistan festgenommen, dann in Guantánamo inhaftiert und erst im vergangenen August freigelassen worden. Er hatte behauptet, er sei nach seiner Festnahme in einem US-Gefangenenlager im afghanischen Kandahar von zwei deutschen Soldaten misshandelt worden. Dabei könnte es sich um Angehörige des Kommandos Spezialkräfte (KSK) gehandelt haben.

Verfahren gegen Kurnaz eingestellt

Einem Bericht der Zeitung Die Welt zufolge hat das Verteidigungsministerium bisher keine Erkenntnisse, wonach Kurnaz von deutschen Soldaten gefoltert worden sei.

67 Angehörige des Kommandos Spezialkräfte (KSK) seien zur Abgabe von dienstlichen Erklärungen aufgefordert worden, berichtete das Blatt unter Berufung auf einen Bericht, den Staatssekretär Peter Wichert am Mittwoch dem Verteidigungsausschuss vorlegen wolle.

Nach Informationen der Welt haben 54 KSK-Soldaten in dienstlichen Erklärungen ausgesagt, sie wüssten nichts von Folterungen. Zwölf Erklärungen stünden noch aus, ein Soldat sei gestorben. In der Bundeswehr hieß es, der Mann sei nicht beim Einsatz ums Leben gekommen, berichtete die Zeitung.

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