Bundeshaushalt:Regierung fährt volles Risiko

Mit den jüngsten Etatbeschlüssen vertut die schwarz-gelbe Koalition eine weitere Chance, die Staatskassen zügig in Ordnung zu bringen. Stattdessen leistet sich Finanzminister Schäuble weitere Ausgaben und spielt so mit neuen Krediten. Sobald eine der schwelenden ökonomischen Krisen ausbricht, drohen schmerzende Einsparungen.

Guido Bohsem

Dieser Mittwoch war ein Tag, der viele besorgte Zeitgenossen beruhigt haben dürfte - nämlich all jene, die die Politik vor allem von Kommunikationsexperten getrieben sehen.

Vorstellung des Bundeshaushalts 2012

Bundesfinanzminister Schäuble stellt den Bundeshaushalt 2012 vor: Antworten darauf, wie die Regierung die gewaltigen Löcher in der eigenen Finanzplanung schließen will, gibt er nicht.

(Foto: dapd)

Die Bundesregierung hat in der letzten Sitzungswoche des Parlaments vor den Sommerferien eine Finanzplanung und eine Steuersenkung beschlossen, die beide erst im Herbst mit Inhalten gefüllt werden sollen. Sie hat damit eine Einladung an Hinterbänkler, Verbandsvertreter, Kommentatoren, ja eigentlich an alle ausgesprochen, in den nächsten zwei Monaten mal alles dazu zu sagen, was sie immer schon wollten. Sie hat das Sommertheater bestellt und auch das Stück vorgegeben. Kein Berater mit Verstand hätte ihr das empfohlen.

Ein schlechter Tag war dieser Mittwoch für solche Menschen, die mitten in der europäischen Schuldenkrise von der Regierung ein festes Bekenntnis für ein Wirtschaften ohne neue Kredite erwarten. Der von Finanzminister Wolfgang Schäuble vorgelegte Haushalt und der dort beschriebene Weg zur Einhaltung der Schuldenbremse leistet das nicht. Im Gegenteil, die Koalition vertut die seltene Chance, in einer boomenden Wirtschaft die Kassen des Staates zügig und nachhaltig in Ordnung zu bringen.

Gut angelegtes Geld? Von wegen!

Die enorm hohen Steuereinnahmen nutzt Schäuble keineswegs vollständig, um weniger Schulden aufzunehmen. Nein, das schwarz-gelbe Bündnis leistet sich zusätzliche Ausgaben, für die Wehrreform und die Energiewende. Gut angelegtes Geld, könnte man denken, handelt es sich doch um wichtige Projekte. Diese Einschätzung wird einem allerdings verdorben. Man muss sich nur ins Gedächtnis rufen, dass beide Vorhaben nur deshalb so teuer sind, weil sie aus schlechtem Regierungshandeln entstanden.

Volles Risiko

Die Regierung gibt nicht nur 2012 mehr aus, als sie müsste. Sie hat auch immer noch keine Antworten parat, wie sie die gewaltigen Löcher in der eigenen Finanzplanung schließen will. Sie scheut sich einzuräumen, dass die Steuer auf Finanzmarktgeschäfte wohl nie kommen wird und plant daher so folgerichtig wie sträflich mit jährlichen Einnahmen von zwei Milliarden Euro aus dieser Abgabe. Die Opposition wirft Kanzlerin Angela Merkel zudem mit einigem Recht vor, dass ihr vor einem Jahr angekündigtes Sparpaket von 81,6 Milliarden Euro nicht mal mehr halb so groß ist wie damals angekündigt.

Die Koalition fährt volles Risiko. Sobald einer der vielen schwelenden ökonomischen Krisenherde ausbricht und die Wirtschaft an Fahrt verliert, wird ihre Etatplanung in sich zusammenfallen. Ein solches Szenario ist nicht unwahrscheinlich, denn Deutschland ist das einzige Wachstumsland Europas, und auch die USA leiden weiter an einer schwachen Konjunktur. Sollte Merkel die Wette auf die gute Wirtschaft verlieren, wird die vom Grundgesetz vorgeschriebene Schuldenbremse nur mit äußerst schmerzhaften Einsparungen einzuhalten sein - Einsparungen, die in schlechten Zeiten schwerer fallen als in guten.

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