Bundesrat tagt:Es regnet Gesetze

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Ein effizienter Tag: Der Bundesrat hat beschlossen, dass Ehrenamtliche einen höheren Steuerbonus bekommen und Messer auf öffentlichen Plätzen verboten werden können - und noch mehr. Ein Überblick.

Höherer Steuerbonus für Ehrenamtliche

Bonus für Engagierte: Rückwirkend zum 1. Januar erhalten ehrenamtlich engagierte Bürger höhere Steuervorteile. (Foto: Foto: AP)

Rückwirkend zum 1. Januar erhalten ehrenamtlich engagierte Bürger höhere Steuervorteile. Der Bundesrat verabschiedete am Freitag das Gesetz zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements. Wer bislang nur eine kleine Aufwandsentschädigung bekommen hat, erhält jetzt einen Steuerfreibetrag von 500 Euro im Jahr.

Verbesserungen gibt es auch bei der sogenannten Übungsleiterpauschale. Gemeinnützig, sozial oder kirchlich Tätige dürfen nun 2100 Euro pro Jahr steuerfrei im Nebenjob verdienen. Die Pauschale, bis zu der das Finanzamt auf Steuern und Sozialabgaben verzichtet, lag bislang bei jährlich 1848 Euro.

Mit dem neuen Gesetz können jetzt auch großzügige Spender Steuern sparen: Das Finanzamt erkennt künftig bis zu 20 Prozent der Jahreseinkünfte als Sonderausgaben an - statt bisher nur fünf oder zehn Prozent. Einfache Belege gelten bis 200 statt bisher nur bis 100 Euro als Spendenquittung.

Bundesweit engagieren sich nach Angaben der Bundesregierung mehr als 23 Millionen Bürger ehrenamtlich im sozialen Bereich und in Kirchen, beim Sport, in der Kultur oder im Umweltschutz.

Höhere Steuerförderung von Mäzenen

"Hilfe für Helfer" heißt das Gesetz, mit dem der Bund die Förderung von Kultur, Sport und soziale Aufgaben aus privater Hand stärker unterstützen will. Die Länderkammer billigte am Freitag das Gesetz, das über eine höhere Steuerförderung von Mäzenen einen Boom bei gemeinnützigen Stiftungen auslösen soll.

Der Bundesverband deutscher Stiftungen rechnet daher allein in diesem Jahr mit 1000 neue Stiftungen. In den nächsten fünfzehn Jahren werde sich deren Zahl mehr als verdoppeln.

Zurzeit gibt es rund 14.500 Stiftungen in Deutschland, die meisten davon sind gemeinnützig. Der Verband rechnet damit, dass sie jetzt auch mit deutlich mehr Kapital ausgestattet würden.

Mit dem Regelwerk verbessern sich die Möglichkeiten zur Absetzbarkeit von Spenden: Statt wie bisher 307.000 Euro können Zuwendungen in das Grundstockvermögen einer Stiftung künftig bis zu einer Million Euro über zehn Jahre verteilt geltend gemacht werden. Das Gesetz soll rückwirkend zum 1. Januar gelten.

Waffenrecht wird verschärft

Die Länder können künftig das Tragen von Waffen wie etwa gefährlichen Messern an öffentlichen Plätzen verbieten, wenn dort wiederholt Straftaten begangen worden sind. Die am Freitag vom Bundesrat gebilligte Änderung des Waffengesetzes war von den Ländern eingebracht und vom Bundestag bereits verabschiedet worden.

Hintergrund der Gesetzesänderung sind wiederholte Gewaltdelikte in der Öffentlichkeit, bei denen insbesondere mit Messern Menschen getötet oder verletzt wurden.

Besserer Schutz vor Versicherungsbetrügern

Das neue Versicherungsvertragsrecht soll gewährleisten, dass die Assekuranzen ihre Kunden umfassender informieren und beraten und deren Ansprüche gegenüber der Versicherung erhöhen.

Es tritt am 1. Januar in Kraft und ersetzt das alte Gesetz aus dem Jahr 1908. Danach müssen Versicherungen Kunden vor Vertragsabschluss alle Unterlagen aushändigen und die Beratung in der Regel schriftlich dokumentieren, um mögliche Schadenersatzforderungen zu erleichtern.

Ihre Leistungen kann eine Versicherung dann nur noch für den Teil eines Schadens verweigern, der auf das Verschulden des Versicherungsnehmers zurückgeht. Bislang galt, dass ein Kunde bei grober Fahrlässigkeit den gesamten Versicherungsschutz verlor.

Bei einer vorzeitigen Kündigung oder einem Rücktritt muss ein Kunde künftig nur noch die anteilige Prämie und nicht mehr die ganze Jahresprämie zahlen. Bei Lebensversicherungen haben die Kunden künftig Anspruch auf eine Überschussbeteiligung.

Besserer Schutz gegen Gammelfleisch

Die Länder können künftig das Tragen von Waffen an öffentlichen Plätzen verbieten. (Foto: Foto: dpa)

Verbraucher in Deutschland sollen künftig besser vor Gammelfleisch geschützt werden. Der Bundesrat billigte am Freitag in Berlin das entsprechende Gesetz: Das Verbraucher- informationsgesetz soll eine bessere Handhabe gegen Firmen bringen, die verdorbene Lebensmittel verkaufen.

Nach dem Verbraucherinformationsgesetz müssen die Behörden künftig stärker als bisher von sich aus die Öffentlichkeit informieren. Dies gilt nicht nur bei konkreten Gesundheitsgefahren, sondern auch wenn ekelerregende Lebensmittel in den Verkehr gebracht wurden. Dabei sollen Produkte und Hersteller namentlich genannt werden.

Betroffene Firmen können sich allerdings auf das Geschäftsgeheimnis berufen. Opposition und Verbraucherschützer kritisieren das Gesetz daher als unzureichend. Verbraucher können mit dem Gesetz erstmals Auskunft etwa über die Pestizidbelastung von Gemüse oder über Gefahren durch Güter des täglichen Bedarfs wie Putzmittel verlangen. Allerdings müssen sie für die meisten Informationen "kostendeckende Gebühren und Auslagen" zahlen. Das Gesetz wird nach Angaben des Verbraucherschutzministeriums in Berlin voraussichtlich im Frühjahr 2008 in Kraft treten. Zuvor muss es noch von Bundespräsident Horst Köhler unterschrieben werden, der dies im vergangenen Dezember wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nach der Föderalismusreform verweigert hatte. Das Gesetz musste deshalb abgeändert werden.

Neues Urheberrecht

Der vom Bundesrat ohne weitere Aussprache endgültig verabschiedeten Reform des Urheberrechts waren monatelange Diskussionen vorausgegangen. Jetzt ist es durch: Privatkopien von nicht geschützten CDs und DVDs bleiben erlaubt. Weiterhin verboten ist es, den Kopierschutz zu knacken.

Besonders strittig war die neue Pauschalvergütung für die Urheber als Ausgleich für die Privatkopie von ihren Werken. Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde die ursprünglich vorgesehene Obergrenze von fünf Prozent des Verkaufspreises des jeweiligen Geräts gestrichen. Da die Preise für Drucker, CD-Brenner, DVD-Rekorder und andere Kopier- und Speichermedien ständig fallen, befürchteten die Urheber massive Einbußen.

Bislang waren die Vergütungssätze pro Gerät gesetzlich festgelegt. Diese Geräteliste war längst veraltet. Künftig sollen die Verwertungsgesellschaften mit den Herstellerverbänden die Vergütung aushandeln. Vergütungspflichtig sind alle Geräte und Speichermedien, mit denen Kopien hergestellt werden können. Ferner erlaubt die Novelle öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven erstmalig, ihre Bestände an elektronischen Leseplätzen zur Verfügung zu stellen.

Kopien geschützter Werke dürfen auf Bestellung angefertigt und zum Beispiel per E-Mail versendet werden, wenn der Verlag nicht ein eigenes Online-Angebot zu angemessen Bedingungen bereithält. Die Anzahl der Kopien ist aber an die Anzahl der Exemplare im Bestand geknüpft. Damit soll laut Gesetz das geistige Eigentum der Verlage geschützt werden.

Neu sind auch Regelungen für noch unbekannte Nutzungsarten. Bisher durften keine Verträge über die Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in einer Nutzungsart geschlossen werden, die es zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch gar nicht gab. Wollte der Verwerter das Werk auf eine neue Art nutzen, musste er nach Urhebern oder ihren Erben suchen und sich mit ihnen über die Verwertung einigen. Nun kann der Urheber über seine Rechte auch für die Zukunft vertraglich verfügen. Sein Werk bleibt künftigen Generationen in neu entwickelten Medien erhalten.

Der Urheber erhält eine gesonderte, angemessene Vergütung, wenn sein Werk in einer neuen Nutzungsart verwertet wird. Außerdem muss der Verwerter den Urheber informieren, bevor er mit der neuartigen Nutzung beginnt. Zugleich wird auch die Verwertung schon bestehender Werke, die in Archiven liegen, in neuen Nutzungsarten ermöglicht.

Doping-Rechtsverschärfungen

Der Bundesrat hat auch das Gesetz zur Verbesserung der Doping-Bekämpfung im Sport gebilligt. Bereits am 5. Juli hatte der Bundestag die entsprechenden Rechtsverschärfungen im Arzneimittelgesetz beschlossen.

Ohne Abstimmung entschied die Länderkammer, der Empfehlung der Ausschüsse zu folgen, und den Vermittlungsausschuss zur Änderung des Gesetzes nicht einzuberufen. Die gesetzlichen Neuregelungen, die auch eine Ermittlungszuständigkeit des Bundeskriminalamtes bei schweren Doping- Straftaten vorsehen, können damit voraussichtlich Ende Oktober in Kraft treten.

Lohnzuschüsse für Jugendliche und Schwervermittelbare

Jugendliche Erwerbslose und schwervermittelbare Ältere können künftig Lohnzuschüsse des Staates in Anspruch nehmen. Der Bundesrat billigte ein vom Bundestag bereits beschlossenes Gesetz, das bei jungen Menschen mit Vermittlungshemmnissen einen Zuschuss von bis zu 50 Prozent des Lohns vorsieht.

Der sogenannte Eingliederungszuschuss richtet sich an Jugendliche unter 25 Jahren, die eine Ausbildung abgeschlossen haben und dann lange arbeitslos waren. Er wird in Höhe von 25 bis 50 Prozent des Bruttolohns bis zu maximal 1000 Euro geleistet.

Der Qualifizierungszuschuss richtet sich an Jugendliche ohne Ausbildung und ohne Ausbildungsstelle, die bisher keinen Weg in einen Beruf fanden. Sie erhalten die Möglichkeit, in einem Unternehmen zu arbeiten und sich zu qualifizieren. Dieser Zuschuss wird in Höhe von 50 Prozent des Bruttolohns gezahlt. 15 Prozent davon müssen für die Qualifizierung verwendet werden.

Den 100.000 als besonders schwer vermittelbar geltenden älteren Arbeitlosen kann dem Gesetz zufolge ein Zuschuss gewährt werden, der bis zu 75 Prozent des Einkommens betragen kann. Der Zuschuss wird nach einer ersten Förderphase von 24 Monaten den Arbeitgebern, die solche Personen einstellen, unbefristet gewährt.

Mikrozensusgesetz geändert

Auch der Änderung des Mikrozensusgesetzes hat der Bundesrat zugestimmt. Damit gibt es bei dieser statistischen Erhebung ein neues Erhebungsmerkmal: Alle Frauen im Alter von 15 bis 75 Jahren werden ab 2008 nach der Zahl der geborenen Kinder befragt. Zusätzlich werden die Geburtenfolge und der Abstand zum bisher jüngsten Kind der Frau für alle Geburten erhoben. Bisher liegen diese Angaben nur für ehelich geborene Kinder vor.

In der öffentlichen Debatte zur demographischen Entwicklung und zu den Themen "niedrige Geburtenrate" und "zunehmende Kinderlosigkeit" bedürfe es aber dieser gesicherten Daten, heißt es in der Gesetzesbegründung.

Am Mikrozensus sind im Gegensatz zur Volkszählung nur nach bestimmten Zufallskriterien ausgewählte Haushalte beteiligt. Die Repräsentativität der Ergebnisse ist aber gesichert. Der Mikrozensus dient dazu, die im Rahmen von umfassenden Volkszählungen erhobenen Daten in kurzen Zeitabständen mit überschaubarem organisatorischem Aufwand überprüfen und gegebenenfalls korrigieren zu können.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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