Bundesrat:Kinderlärm muss sein

Kinder, Knöllchen und Tabaksponsoring: Wirklich spektakuläre Entscheidungen standen im Bundesrat nicht an. Daher befasste sich die Länderkammer mit eigenen Initiativen.

Spektakuläre Entscheidungen standen im Bundesrat nicht an. Die Tagesordnung mit 27 Punkten war eher dünn, denn Bundestag und Bundesregierung leiten derzeit wenige Gesetzesvorlagen zu. Die Länderkammer befasste sich daher meist mit eigenen Initiativen.

Einige von ihnen standen bereits zum zweiten Mal auf der Tagesordnung, weil der Bundestag sich vor der Wahl im vergangenen Herbst nicht mehr damit beschäftigt hatte. Dazu zählte auch der Vorstoß zur Tolerierung von Kinderlärm. Kurzfristig wieder abgesetzt wurde ein Antrag aus Baden-Württemberg zum Ankauf von Steuersünder-Dateien.

Die Beschlüsse im Einzelnen:

KNÖLLCHEN OHNE GRENZEN: Wer im EU-Ausland mit Geldbußen und Geldstrafen belangt wird, muss künftig mit einer Vollstreckung auch in Deutschland rechnen. Das Geld soll nur dann nicht eingetrieben werden, wenn weniger als 70 Euro fällig sind. Dies wird vor allem Verkehrssünder treffen. Nach der noch geltenden Rechtslage werden Raser und Falschparker in seltenen Fällen nach ihrer Rückkehr in Deutschland noch belangt. Das soll sich zum 1. Oktober ändern - vorausgesetzt, der Bundestag stimmt ebenfalls zu.

KINDERLÄRM: Kinderlärm in der Nachbarschaft ist nach Auffassung des Bundesrates nicht mit Autolärm zu vergleichen und damit auch kein Umweltschaden, der Entschädigungsansprüche begründet. Mehr Rechtssicherheit soll nun eine Gesetzesänderung bringen. Sie soll gerichtliche Auseinandersetzungen vermeiden helfen. Kitas und Kinderspielplätze in reinen Wohngebieten sollen danach nicht länger nur ausnahmsweise, sondern "im Regelfall" zulässig sein. Nach Auffassung der Länder ist der Lärm spielender Kinder "sozialadäquat" und muss hingenommen werden.

GEWALT GEGEN POLIZISTEN: Wer gegen Polizisten gewalttätig wird, soll härter bestraft werden. Dieses Ziel verfolgen Sachsen und Bayern mit einem Gesetzesantrag. Danach soll Widerstand gegen Polizeibeamte mit bis zu drei Jahren Freiheitsentzug geahndet werden können. Derzeit liegt die Höchststrafe bei zwei Jahren. Strafverschärfend auswirken soll sich, wenn ein Angreifer "gefährliche Werkzeuge" wie Glasflaschen oder Eisenstangen benutzt.

GEWALT GEGEN AUSLÄNDER: Auch fremdenfeindlich motivierte Gewalttaten sollen härter bestraft werden. Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern setzten sich nach einem ersten, gescheiterten Anlauf in der Länderkammer erneut dafür ein, menschenverachtende, rassistische oder fremdenfeindliche Motive eines Täters bei der Strafzumessung stärker zu berücksichtigen. Erreicht werde soll damit, dass Gerichte nach politisch motivierten Gewalttaten keine Bewährungsstrafen mehr verhängen, sondern die Täter gleich zu Haftstrafen verurteilen.

SCHÖFFEN: Das Schöffenamt bei Gericht sollen künftig nur Personen ausüben dürfen, die so gut Deutsch sprechen und verstehen können, dass sie der Gerichtsverhandlung folgen können. Wenn nicht, soll der Ausschluss vom Schöffenamt möglich sein. Anlass für die Initiative waren Fälle, in denen Schöffen der Hauptverhandlung mangels hinreichender Sprachkenntnisse nicht folgen konnten, sie aber aus der Schöffenliste dennoch nicht gestrichen werden konnten. Der Gesetzentwurf wird der Bundesregierung zugeleitet.

TABAKSPONSORING: Das Sponsoringverbot bei TV-Sendungen durch Tabakhersteller soll auch für das Internet gelten. Nicht gestattet sein soll auch Produktplatzierung von Tabakwaren in Sendungen sogenannter audio-visueller Mediendienste, die nach dem 19. Dezember 2009 produziert wurden. Bis zu diesem Zeitpunkt musste eine entsprechende EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden. Mit dem vom Bundesrat gebilligten Gesetzentwurf soll das bisher schon bestehende Verbot der Fernsehwerbung für Tabakerzeugnisse erweitert werden.

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