Bundespräsidentenwahl:Versuchsballon für Steinmeier

Toleranz-Preis an Steinmeier

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier Anfang September bei einem Wahlkampfauftritt in Celle vor der dortigen Oberbürgermeisterwahl.

(Foto: dpa)
  • SPD-Generalsekretärin Katarina Barley nennt ihren Parteifreund und Außenminister Steinmeier als geeigneten Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten.
  • Grünen-Chef Özdemir will abwarten, welche Person die Koalitionsparteien gemeinsam vorschlagen.
  • Linke-Politiker Gysi hofft auf einen gemeinsamen Kandidaten von Rot-Rot-Grün.

Von Oliver Das Gupta

So viel ist sicher: Bundespräsident Joachim Gauck strebt keine zweite Amtszeit an. Aus Altersgründen verzichtet das Staatsoberhaupt auf eine Kandidatur. Und seitdem Gauck das erklärt hat, raunt man alle paar Wochen wieder durchs politische Berlin, wer mit wem welchen Kandidaten unterstützen könnte und wie sich das Ganze dann auf die Koalitionskonstellationen nach der Bundestagswahl auswirken dürfte.

Weder eine Partei noch ein Parteichef haben sich bislang klar in der Sache geäußert - nun aber immerhin eine Generalsekretärin. Katarina Barley spricht sich für ihren SPD-Parteifreund Frank-Walter Steinmeier aus, den Bundesaußenminister. "Steinmeier wäre ein hervorragendes Staatsoberhaupt", sagte Barley der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Barley weist auf die Popularitätswerte Steinmeiers hin, denn er ist Umfragen zufolge momentan der populärste Politiker Deutschlands. Der Sozialdemokrat liegt knapp vor Baden-Württembergs grünem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, dem man auch Ambitionen auf das Schloss Bellevue nachsagt.

Das Lob Barleys für Steinmeier dürfte ein Versuchsballon sein: Ein wohl überlegter Test, wie die Medien, die eigene Partei und die politischen Mitbewerber reagieren. Das ist im politischen Betrieb üblich, auch in der Causa Gauck-Nachfolge. Im Sommer hieß es, dass man in SPD, bei den Grünen und der Linken intensiv nach einer Person suche, die man gemeinsam ins höchste Staatsamt nominieren könnte. Zuletzt hieß es, die Spitzen der großen Koalition aus CDU, CSU und SPD würden versuchen, sich auf einen Kandidaten zu verständigen.

Im Bundestag stellt die Union die stärkste Fraktion, aus ihren Reihen wäre Parlamentspräsident Norbert Lammert ein Kandidat, der weit über die Parteigrenzen hinaus großes Ansehen genießt. Angeblich haben die Koalitionsparteien die Präsidentschaftskandidatur Andreas Voßkuhle angetragen - doch der wollte lieber Präsident des Bundesverfassungsgerichts bleiben.

Steinmeier wäre wohl auch ein Kandidat, mit dem die Union leben könnte - was noch lange nicht heißt, dass sie ihn auch am Ende unterstützt. Bislang halten sich Vertreter von CDU und CSU zurück, was wenig wundert, angesichts der Stichelei, die Barley ihrem Steinmeier-Hurra beigab: "Nur die Kanzlerin will noch nicht so recht", sagte sie. "Aus welchen Gründen auch immer."

Doch Barleys Test will bislang nicht so recht funktionieren. Die anderen Parteien, die Vertreter in die Bundesversammlung am 12. Februar 2017 schicken werden, reagierten auf Barleys Vorstoß bislang gar nicht (FDP) oder verhalten.

Grünen-Chef Cem Özdemir sagte der Süddeutschen Zeitung am Samstag, der Bundesaußenminister sei "sicher ein angesehener und beliebter Sozialdemokrat." Eine Tendenz ließ er nicht erkennen, stattdessen spielte er den Ball zurück: "Es liegt an der Großen Koalition sich zu einigen, wie sie es angekündigt hat", so Özdemir. "Danach kommt unsere Bewertung."

Barleys Ballon löst auch bei der Linken keine Wallung aus. Bei den Sozialisten, wo Steinmeier als Vertreter der viel kritisierten Agenda 2010 gilt, lehnt man sich zurück. "Ich warte noch auf einen gemeinsamen Vorschlag von SPD, Linken und Grünen", sagte der langjährige Fraktionschef Gregor Gysi der SZ.

Denn auch das hat Barley erwähnt: Es gebe bei der SPD noch keine Festlegungen, man führe Gespräche in alle Richtungen. Die SPD-Generalsekretärin hätte es dabei belassen können. Mehr Worte hätte nicht für ihren Versuchsballon für Steinmeier verwenden müssen. Sie tat es doch, was das Ganze etwas drollig werden ließ.

Barley betonte, wie wichtig das Amt sei und wie ernst Lage. Sie warnte vor "parteitaktischen Spielchen". Sprachs und ließ ihren Versuchsballon steigen. Bestimmt nicht aus Parteitaktik.

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