Bundespräsidentenwahl:Niebel: Wir wählen Wulff nicht aus Parteitaktik

Nächste Runde im Rennen um Schloss Bellevue: Der schwarz-gelbe Kandidat Christian Wulff gibt sich kämpferisch. Gegen seinen Rivalen Joachim Gauck wagt ein ostdeutscher Christdemokrat eine erste Attacke.

Die Debatte um die Bundespräsidentenwahl am 30. Juni spitzt sich zu. Während Vertreter der Koalitionsparteien und deren Kandidat Christian Wulff sich kämpferisch geben, lehnt die Linkspartei sowohl Wulff als auch den von SPD und Grünen nominierten Herausforderer Joachim Gauck ab. Die Linke will am Dienstag um 14.00 Uhr eine eigene Kandidatin vorstellen.

General view shows presidential Bellevue palace in Berlin

Das Schloss Bellevue: Wer hier als nächster Bundespräsident einzieht, entscheidet sich am 30. Juni, wenn die Bundesversammlung zusammentritt.

(Foto: Reuters)

Er werde sich nicht von Umfragen einschüchtern lassen, sagte er am Montagabend nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung der Bundestags-CSU. Das Werben für die Präsidentschaft gehe jetzt erst los. CSU-Chef Horst Seehofer sicherte Wulff demnach "größtmögliche Unterstützung" zu. "Wir vertrauen Dir, wir unterstützen Dich."

Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hatte zuvor in den eigenen Reihen für Wulff geworben. Sie sagte am Abend in einer Sitzung der Unionsfraktion, es gehe nicht nur um die Lebensleistung, sondern auch um Erfahrung als Politiker.

Zuletzt hatten vor allem Vertreter der FDP Sympathien für den Oppositionskandidaten Gauck geäußert. Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) erteilte den Spekulationen, einige Liberale könnten am 30. Juni für Gauck stimmen, aber eine Absage: Wulff werde "mit den Stimmen der FDP-Bundesversammlungsfraktion gewählt werden", sagte Niebel dem Hamburger Abendblatt. Dem Vorwurf, im Hauruck-Verfahren solle ein CDU-Parteisoldat durchgedrückt werden, widersprach Niebel. Die Nominierung Wulffs sei eine "abgestimmte Entscheidung der Führungspersonen aller drei Parteien", sagte der FDP-Politiker. "Dass die Wahl auf Wulff fiel, hat nichts mit politischem Kalkül oder Parteitaktik zu tun", so Niebel.

Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, warnte jedoch vor zu großer Selbstsicherheit. "Wir haben eine Mehrheit in der Koalition. Aber wir wissen, dass wir uns auch noch anstrengen müssen", sagte Kauder. "Das ist alles kein Selbstläufer", sagte Kauder.

Linke nominiert wohl Daniela Dahn

Gleichzeitig attackierte der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende und Sprecher der ostdeutschen Bundestagsabgeordneten, Arnold Vaatz, den Oppositions-Kandidaten Joachim Gauck. Immer wieder setze sich Gauck als Gegner der Linkspartei in Szene, sagte er der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Tatsächlich aber habe Gauck bei der Bundespräsidentenwahl nur eine Chance, wenn die Linke ihn am Ende doch unterstütze. Genau dies müsse der Kandidat aber ausschließen, sonst müsse er aufhören, "als Aufklärer aufzutreten", sagte Vaatz.

Der CDU-Politiker kritisierte zudem, dass Gauck sich von SPD und Grünen bei dem Versuch missbrauchen lasse, die gegenwärtige Regierungskoalition in Berlin zu erschüttern. Gerade in der gegenwärtigen Krisensituation sei es verkehrt, wenn sich ein Präsidentschaftskandidat "von denen instrumentalisieren lässt, die den Sturz der Regierung in Berlin im Sinn haben".

Die Linke möchte heute eine eigene Kandidatin präsentieren, nach Informationen der Leipziger Volkszeitung könnte das die Schriftstellerin Daniela Dahn sein. Der Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst, wollte im Hamburger Abendblatt dennoch nicht ausschließen, dass seine Partei im zweiten oder dritten Wahlgang für Gauck stimmen könnte. "Wir erkennen die großen Verdienste von Herrn Gauck für die Aufarbeitung der DDR-Geschichte an, daran gibt es gar nichts zu rütteln. Er ist zweifellos eine respektable Person."

Caren Lay, Bundesgeschäftsführerin der Linkspartei, betonte hingegen, dass man sich einen anderen Präsidenten wünsche. "Weder Wulff noch Gauck stehen für sozialpolitisches Profil. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Joachim Gauck öffentlich protestiert, wenn die Regierung mit einem Sparhaushalt die Bürger schröpft. So einen Bürger-Präsidenten bräuchten wir aber", sagte sie der Leipziger Volkszeitung.

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