Bundespräsidentenwahl:Linke uneins über Gauck-Konkurrent

Nazijägerin Beate Klarsfeld würde für die Linke als Bundespräsidentschaftskandidatin antreten - sogar gern. Doch bei Beratungen hat sich die Partei noch nicht einigen können, wen sie gegen Joachim Gauck antreten lässt. Zwei weitere Bewerber sind im Gespräch.

Daniel Brössler

Man hat Beate Klarsfeld gesagt, dass sie angerufen wird. Die 73-Jährige wartet in ihrer Pariser Wohnung, während die Spitze der Linkspartei im Berliner Karl-Liebknecht-Haus berät, ob und wen sie bei der Bundespräsidentenwahl gegen den Fast-Allparteien-Kandidaten Joachim Gauck aufstellt.

Klarsfeld will fuer Linkspartei gegen Gauck antreten

"Es wäre eine Kandidatur, die symbolisch ist": Nazijägerin Beate Klarsfeld steht bereit, sich als Kandidatin der Linken als Bundespräsidentin zu bewerben. Doch die Partei hat sich noch nicht entschlossen, wen sie ins Rennen schicken möchte.

(Foto: dapd)

Parteichefin Gesine Lötzsch hat, zunächst eher nebenbei, Beate Klarfeld ins Spiel gebracht. Vermutlich hat sie selbst nicht geglaubt, dass die Frau, die ihr Leben dem Kampf gegen alte und neue Nazis verschrieben hat, bereit sein könnte zu einer Kandidatur im Auftrag der Linken.

Ein Kontakt jedenfalls kam erst Tage später zustande, nachdem Lötzsch auf einer Parteiveranstaltung "eine Frau wie Beate Klarsfeld" als Bundespräsidentin bezeichnet hatte, wie sie sie sich wünsche. Schnell aber stellte sich heraus, dass Klarsfeld kandidieren möchte. Sogar gern.

"Es wäre eine Kandidatur, die symbolisch ist", sagt Klarsfeld, während sie auf Nachricht aus Berlin wartet, am Telefon. Bei den Linken wird derweil gestritten. Eine eigene Kandidatur möchte man, aber es gibt Zweifel, ob Klarsfeld die richtige ist. Vom Saarland aus sind Vorbehalte des wahlkämpfenden Oskar Lafontaine zu hören.

Gesprochen wird über zwei weitere mögliche Bewerber: den 61-jährigen Politik-Professor Christoph Butterwegge und die 75-jährige linke Bundestagsabgeordnete Luc Jochimsen. Butterweges Thema ist die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich, die frühere Fernsehjournalistin Jochimsen hatte bereits 2010 für die Linke in der Bundesversammlung kandidiert.

Entscheidung auf Montag vertagt

Ihre Kandidatur, meint indes Klarsfeld, wäre eine "Anerkennung" für ihre Lebensleistung, vor allem auch für jene Ohrfeige, die sie 1968 Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger als früherem Nazi verabreicht hatte. "Es gibt in Deutschland immer noch viele Menschen, die sich von mir distanzieren", sagt sie.

Davon zeuge ja auch, dass es weder unter Außenminister Joschka Fischer (Grüne) noch unter seinen Nachfolgern Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Guido Westerwelle (FDP) möglich war, sie mit dem Bundesverdienstkreuz auszuzeichnen. Die Linke hat Klarsfeld für diese Ehrung vorgeschlagen, was die Journalistin der Partei hoch anrechnet.

Das mag ihr die Kandidatur im Namen der Linken erleichtern, vielen ihrer Positionen fühlt Klarsfeld sich dennoch fern. Sie weiß, wie viel Skepsis es in der Linken gegenüber Israel gibt - und das missfällt ihr. Als deren Kandidatin werde sie sagen: "Was Ihr tut, ist nicht gut." So könne sie nicht billigen, dass Abgeordnete der Linksfraktion an der Gaza-Flotille teilgenommen hätten.

"Dahinter steht eine anti-israelische Haltung", moniert sie. 2010 waren die Fraktionsmitglieder Annette Groth und Inge Höger auf Schiffen mitgefahren, die Israels Blockade des Gaza-Streifens durchbrechen wollten und von israelischen Soldaten gewaltsam gestoppt worden waren.

Auch als Gegenspielerin von Joachim Gauck, dem die Linke soziale Kälte und Ignoranz gegenüber neuen Protestbewegungen vorwirft, will Klarsfeld sich nicht in Stellung bringen lassen. "Er ist eine moralische Persönlichkeit und hat seine Arbeit in der DDR getan", sagt sie. Auch sie habe sich in der moralischen Pflicht gesehen, ihre Aufgabe aber in Westdeutschland gehabt. Die DDR sehe sie sehr kritisch und sei von Ost-Berlin auch mit Einreiseverbot belegt worden.

Die Linke wolle keinen Kandidaten, "der eins zu eins unser Parteiprogramm runterbetet", versichert der Ko-Vorsitzende Klaus Ernst. Dennoch können sich die Linken in einer vierstündigen Sitzung weder auf die Deutsch-Französin noch auf Jochimsen oder Butterwegge einigen. Man wolle am Montag entscheiden und zuvor am Wochenende mit allen dreien sprechen. Nicht nur am Telefon, sagt Lötzsch, sondern persönlich.

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