Bundespräsident unter Druck:CDU schlägt gemeinsame Suche nach Wulff-Nachfolger aus

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Öffentlich wird ein schwarz-gelber Plan B für die Zeit nach Christian Wulff heftig dementiert. Tatsächlich scheint es so, als wolle der Bundespräsient die Kredit- und Medienaffäre aussitzen. Indirekte Unterstützung bekommt er dabei von seinem direkten Vorgänger Köhler. Doch die Opposition bringt einen gemeinsamen Kandidaten als Nachfolger für Wulff ins Spiel. Umgehend weist die CDU dies zurück.

Die Bundes-CDU hat das Angebot des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel abgelehnt, wonach die Koalition und Opposition im Bundestag gemeinsam nach einem parteiübergreifenden Nachfolger für den umstrittenen Bundespräsidenten Christian Wulff suchen sollten. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte der Süddeutschen Zeitung: "Es gibt keinen Grund, über die Neuwahl des Bundespräsidenten nachzudenken." Denn Wulff habe Fehler eingeräumt, sich dafür entschuldigt und Transparenz geschaffen. "Damit hat er alle Chancen, Vertrauen zurückzugewinnen", fügte Gröhe hinzu.

Redepult des Bundespräsidenten: Wulff will durchhalten (Foto: dpa)

Der Generalsekretär äußerte auch Zweifel an der Zusicherung Gabriels, wonach die SPD keinen parteipolitischen Vorteil aus der Präsidenten-Debatte schlagen wolle. "Die Dauerattacken aus der SPD auf den Bundespräsidenten und die von Frau Nahles erhobene Neuwahlforderung machen deutlich, dass es mit Gabriels Beteuerungen wohl nicht ganz ernst gemeint sein kann, das Amt des Bundespräsidenten aus dem Parteienstreit herauszuhalten."

Zuvor hatte Gabriel Kanzlerin Angela Merkel angeboten, gemeinsam eine geeignete Persönlichkeit für die Nachfolge von Wulff zu benennen. "Wenn Christian Wulff zurücktreten sollte, würde die SPD nicht versuchen, daraus parteitaktische Vorteile zu ziehen", sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er widersprach auch seiner Generalsekretärin Andrea Nahles, die für diesen Fall gefordert hatte, es müsse vorgezogene Bundestagswahlen geben: Die SPD "würde auch keine weiteren Forderungen wie etwa die nach Neuwahlen erheben. Im Gegenteil: Obwohl wir Sozialdemokraten Christian Wulff nicht gewählt haben, sondern mit Joachim Gauck einen besseren Kandidaten hatten, haben wir uns mit Rücktrittsforderungen zurückgehalten. Die SPD wollte und will keinen parteipolitischen Streit um das Amt des Bundespräsidenten."

Inzwischen aber habe Wulff das Amt selbst in einem Maße beschädigt, wie die SPD es noch vor wenigen Wochen für undenkbar gehalten hätte. Er versuche seit Wochen, die Maßstäbe für das Amt des Bundespräsidenten neu zu definieren und habe den Wert dieser Verfassungsinstitution inzwischen in einem Maße beschädigt, das seine Partei nicht akzeptieren wolle und könne, sagte Gabriel weiter. "Es geht inzwischen längst nicht mehr nur um seine Person, sondern um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den demokratischen Staat und seine Institutionen."

CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Merkel dürfe dem nicht länger tatenlos zusehen, sagte Gabriel. Die SPD könne Wulffs Rücktritt und den dringend notwendigen Neuanfang nicht erzwingen. "Das können nur die, die ihn ins Amt gebracht haben. Aber CDU/CSU und FDP brauchen keine Sorge zu haben, dass die SPD diese Situation zu nutzen versucht, um einen eigenen Kandidaten durchzusetzen", sagte Gabriel weiter. Die SPD sei bereit, wie nach dem Rücktritt Horst Köhlers und der letzten Wahl des Bundespräsidenten auf einen eigenen Kandidaten zu verzichten und gemeinsam mit Union und FDP einen parteiübergreifenden Kandidaten für dieses wichtige Amt zu finden.

Genau der Angesprochene meldet sich nun auch zu Wort und wirbt indirekt um mehr Zurückhaltung in der Debatte um seinen Nachfolger. "Politiker haben einen schweren Job. Wir sollten deshalb auch ein bisschen Verständnis haben, wenn es manchmal knirscht", sagte er am Sonntag auf einer CDU-Parteiveranstaltung im nordrhein-westfälischen Meckenheim.

Politiker seien notwendig. Manchmal werde dies aber "geradezu andersherum gedreht". Er wolle eine Lanze für die Politik brechen. Den Namen von Wulff nannte Köhler in seiner Rede aber nicht. Köhler war im Mai 2010 nach umstrittenen Äußerungen über den Afghanistaneinsatz als Bundespräsident zurückgetreten. Bislang hatte er sich nicht zu der Kredit- und Medienaffäre um Wulff geäußert.

Interna aus dem Bundespräsidialamt

Doch wie lange kann sich Wulff tatsächlich noch im Amt halten? Die Antwort auf diese Frage ist offen. Kritische Stimmen aus der Koalition und neue Details zur Kreditaffäre halten den Druck auf das Staatsoberhaupt aufrecht. Aber Wulff selbst denkt nicht an Rücktritt. SZ-Informationen zufolge machte Wulff bei einer kurzen Ansprache am Freitag im Bundespräsidialamt deutlich, dass er nicht zurücktreten, sondern sich im Amt bewähren wolle. Wenn man sich 2013 wieder zum internen Neujahrsempfang treffe, würden hoffentlich Sachthemen die Diskussion um sein Amt bestimmen, zitierten Teilnehmer das Staatsoberhaupt. Er habe auch abermals das Zitat verwendet, dass man nicht Koch werden solle, wenn man die Hitze in der Küche nicht ertragen könne.

Heftig dementiert wurden Berichte, dass sich hinter den Kulissen die Parteispitzen von Union und FDP bereits auf einen Rücktritt vorbereiten. Tatsächlich setzt die Kanzlerin wohl eher darauf, das Wulff in den Affären durchhält. Doch nahezu stündlich kommen neue Details ans Licht: So hat Wulff laut Spiegel vor der ersten Berichterstattung der Bild-Zeitung über seinen Privatkredit zur Finanzierung eines Eigenheims nicht nur dem Chefredakteur Kai Diekmann gedroht, sondern auch bei seinem Anruf beim Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner, der bereits von der SZ bekannt gemacht wurde.

Auch soll Wulff die Unterkunft des Aufsichtsrats eines Versicherungskonzerns kostenlos genutzt haben - und laut Spiegel-Bericht selbst hervorgehoben haben, wie er sich als Ministerpräsident für dessen Unternehmen eingesetzt habe.

Führende Unionspolitiker signalisierten, Wulff weiterhin unterstützen zu wollen. So sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe dem Spiegel, Wulff verdiene trotz "Ungeschicklichkeiten und Fehler" eine Chance, Vertrauen wieder aufzubauen. CSU-Chef Horst Seehofer erklärte: "Wir stellen uns hinter Menschen in Schwierigkeiten, es sei denn, die Schwierigkeiten sind so groß, dass man das nicht mehr verantworten kann. Das ist bei Christian Wulff nicht der Fall."

SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber sagte im Spiegel: "Wulff hat das Amt des Bundespräsidenten so beschädigt, dass er darin nicht verbleiben kann." SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte der FAS, Wulff habe seine Glaubwürdigkeit verloren. Grünen-Chefin Claudia Roth forderte in der Welt am Sonntag die Kanzlerin auf, bei einem Rücktritt die Verständigung mit der Opposition zu suchen.

© Süddeutsche.de/dpa/Reuters/lala - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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