Bundespräsident:Österreichs Wahl wird zum Desaster ohne Ende

Presidential election campaign posters of Norbert Hofer and Alexander Van der Bellen are seen in Vienna

Nobert Hofer oder Alexander Van der Bellen - der Wahlkampf will kein Ende nehmen.

(Foto: REUTERS)

Die Bundespräsidentenwahl gerät zur Farce. Erst wurde sie angefochten, nun muss die Wiederholung wohl verschoben werden. Österreich macht sich in der Welt lächerlich.

Kommentar von Cathrin Kahlweit

Noch ist es nicht entschieden, aber in Wien gibt niemand mehr dem 2. Oktober eine Chance. Die Stichwahl um das Amt des Bundespräsidenten von Österreich - im Mai abgehalten und angefochten, im Juli aufgehoben und neu angesetzt - wird wohl verschoben. Über einen Termin in etwa acht Wochen wird bereits diskutiert, das nötige Gesetz formuliert. Der zuletzt siegreiche Kandidat Alexander Van der Bellen, der an diesem Wochenende seinen Wahlkampf eröffnen wollte, hat den Auftritt abgesagt.

Es klingt unglaublich: Weil eine Maschine in einer Druckerei nicht funktionierte, wurden Hunderte oder vielleicht Tausende fehlerhafte Wahl-Unterlagen verschickt. Würden diese zur Wahl benutzt, müssten sie beim Auszählen aussortiert werden.

Damit aber würde das Grundrecht unterlaufen, dass jede abgegebene Stimme auch zählt: ein neuer Anfechtungsgrund. Wer jetzt noch lachen kann, amüsiert sich über Uhu-Gate oder über Kommentare im Netz: "Ins Weltall fliegen - kein Problem. Wahlkarten drucken - unmöglich." Aber zum Lachen ist das nicht.

Entsetzlich, peinlich, traumatisch, Wahnsinn, es gibt kaum eine Negativ-Vokabel, die in Wien nicht hundertfach zu hören wäre dieser Tage, denn das Desaster will kein Ende nehmen. Schon die Anfechtung und Aufhebung der ersten Stichwahl hatten im In- und Ausland viel Kritik provoziert: Österreich sei eine Bananenrepublik, weil beim Auszählen geschlampt wurde.

Die FPÖ habe die Demokratie beschädigt, weil sie ihre knappe Niederlage nicht ertragen mochte und deshalb eine gültige Wahl in Zweifel zog. Das Verfassungsgericht sei übers Ziel hinausgeschossen und habe eine Wahl aufgehoben, wofür es laut Gesetz eigentlich nicht reicht, dass Manipulationen möglich waren. Sie müssen auch nachweisbar sein. Und: Die Richter seien Opfer der allgemeinen Stimmung im Land geworden.

Und jetzt das. Anstatt umgehend eine umfassende, praktikable Reform des Briefwahlrechts wie der Wahlvorschriften anzugehen, hat das Innenministerium nur eine lange Liste neuer Regeln vorgelegt, die teils widersinnig, teils unklar, teils unrealistisch sind. Der Bundeswahlleiter hat sich angesichts des Wahlkarten-Chaos schulterzuckend auf die Position zurückgezogen, man könne die Stichwahl eh nicht verschieben.

Neue Liste von Regeln, die widersinnig, unklar und unrealistisch sind

Wie die Frage der defekten Wahlkarten zu heilen sei - dafür sei er nicht zuständig. Und der Innenminister, der sich so gern als scharfer Hund geriert, wenn es gegen Flüchtlinge geht? In den vergangenen Tagen, als immer mehr Wahlunterlagen auftauchten, die nicht benutzbar waren, hörte man aus dem Ministerium vor allem: Wir prüfen das. Danach war Schweigen.

Der eigentlich siegreiche Verlierer des Verfahrens, Alexander Van der Bellen, machte lange gute Miene zum bösen Spiel; der eigentlich unterlegene Sieger, Norbert Hofer, gab sich zum Wahlkampfauftakt demütig. Jetzt wird gewartet. Alles von vorn?

Den Parteien geht das Geld für immer neue Wahlkämpfe aus, das Image eines Österreichs, das erst einmal wählen lernen muss, verfestigt sich in der Welt, die Österreicher wenden sich kopfschüttelnd und angeekelt ab von einer politischen Elite, die nicht einmal in der Lage ist, eine kleine Direktwahl in einem kleinen Land für einen politisch wenig bedeutsamen Posten zu stemmen. Derweil lebt das Land ohne Präsidenten auch ganz gut.

Eines aber darf jetzt nicht geschehen: dass die FPÖ sich mit ihrem nächsten Projekt durchsetzt - der kompletten Abschaffung der Briefwahl. Das wäre vor allem im Interesse der Partei, die bei den Briefwählern regelmäßig hinten liegt: der FPÖ.

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