Bundespräsident in der Kritik:CDU erhöht Druck auf Wulff

In der Union wächst die Sorge, dass die Affäre des Bundespräsidenten auch der Regierung schaden könnte. Sowohl in der Bundestagsfraktion als auch bei der niedersächsischen CDU scheint der Rückhalt zu schwinden. Immer mehr Parteifreunde erhöhen den Druck auf Wulff, die versprochene Transparenz umzusetzen - der bisherige Unterstützer Peter Altmaier macht den Anfang.

In der Union wächst der Unmut über Bundespräsident Christian Wulff und seinen Umgang mit der Kredit- und Medienaffäre: In Parteikreisen fürchtet man, dass ein quälender Zerfallsprozess einsetzt und die Krise langfristig auch der Partei schadet.

Mit Wulffs Weigerung, Details zur Kreditfinanzierung seines Hauses und zu diversen Urlaubsreisen wie angekündigt ins Internet zu stellen, ziehe sich die Affäre weiter hin. Wenn der Präsident per Interview neue Transparenz ankündige, müsse er dies auch umsetzen, heißt es. Bei seinen Parteifreunden wird Wulffs Lage nach wie vor als kritisch eingeschätzt.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier, der den Bundespräsidenten lange verteidigt hatte, kritisierte Wulffs Rückzieher der ursprünglich angekündigten Veröffentlichung. Im Kurznachrichtendienst Twitter schrieb er: "Wünsche mir, dass Christian seine Anwälte an die Leine legt und die Fragen/Antworten ins Netz stellt." Im Hamburger Abendblatt erklärte Altmaier außerdem: "Ich hielte es für unglücklich, wenn der Eindruck entstünde, dass die Anwälte des Bundespräsidenten jetzt hinter dem zurückbleiben, was er selbst in einem Fernsehinterview angekündigt hat."

Auch in der niedersächsischen CDU sind nach Informationen aus Unionskreisen wegen des dort drohenden Untersuchungsausschusses deutliche Absetzbewegungen zu spüren. Die Vorwürfe müssten komplett aufgeklärt werden, sonst werde die Affäre weitergehen. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer forderte allerdings ein Ende der Debatte. "Wir sollten jetzt einen Schlussstrich ziehen", sagte der bayerische Ministerpräsident der Passauer Neuen Presse. Dies sei "im Interesse unseres Landes".

Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der als möglicher Nachfolger Wulffs genannt wurde, meldete sich in der Affäre zu Wort. "Die wochenlange Auseinandersetzung hat sicherlich nicht nur den Amtsinhaber persönlich strapaziert, sondern leider wohl auch das Amt. Und über diesen Effekt kann niemand glücklich sein", sagte Lammert dem Hamburger Magazin Stern. Die Situation sei "nicht banal", allerdings auch "keine Staatskrise". Ambitionen auf das höchste Staatsamt habe er nicht. Er habe schon 2010 nicht Bundespräsident werden wollen, sagte Lammert. "Ich will es auch jetzt nicht und bin froh, dass sich die Frage gar nicht stellt."

Umfrage: Gauck ist Favorit für theoretische Wulff-Nachfolge

Wulffs Anwälte präzisierten inzwischen die Angaben zu einem kostenlosen Urlaub in der italienischen Villa eines Versicherungsmanagers. Sie bestätigten dem Stern, dass der Manager Wolf-Dieter Baumgartl 2008 während des Aufenthalts der Eheleute Wulff in seinem Haus im italienischen Castiglioncello nur "teilweise anwesend" gewesen sei. Wulff hatte gesagt, er stehe dazu, "mit den Freunden zusammen zu kochen, zu frühstücken, im Gästezimmer zu schlafen".

Im Fall eines Wulff-Rücktritts wäre der frühere DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck nach einer Forsa-Umfrage Favorit der Bürger für die Wahl des Nachfolgers durch die Bundesversammlung. Er bekam in der Erhebung für den Stern weit mehr Zustimmung (31 Prozent) als andere, etwa Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die mit elf Prozent auf Platz zwei kam. Gauck war Wulff 2010 als Kandidat von Rot-Grün unterlegen.

Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International sagte unterdessen die Teilnahme ihrer Vorsitzenden Edda Müller am Neujahrsempfang des Bundespräsidenten für Repräsentanten des öffentlichen Lebens am Donnerstag ab. Müller erklärte: "Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen." Wulff habe Transparenz und vollständige Aufklärung versprochen. Dies habe er nicht eingehalten.

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