Bundespräsident Gauck in Jerusalem:"Deutschland und Israel sind enger verbunden als jemals zuvor"

Empfang mit militärischen Ehren: Israels Staatschef Schimon Peres hat den deutschen Bundespräsidenten vor seinem Amtssitz willkommen geheißen. In einer kurzen Ansprache hob Gauck die enge Verbundenheit der beiden Staaten hervor - und äußerte seine Sorge über das iranische Atomprogramm.

Bundespräsident Joachim Gauck ist zum Auftakt seines Staatsbesuchs in Israel von Staatschef Schimon Peres mit militärischen Ehren empfangen worden. Peres begrüßte den Gast aus Deutschland am Dienstagmorgen vor seinem Amtssitz in Jerusalem. In einer kurzen Ansprache sagte Gauck: "Deutschland und Israel sind enger verbunden als jemals zuvor." Er betonte die Bereitschaft Deutschlands, für das Existenzrecht Israels einzutreten.

Der Bundespräsident wies bei dem Treffen auch auf das iranische Atomprogramm hin, das ihm "große Sorge" bereite. Die Atomambitionen Teherans stellten eine "konkrete Gefahr" für Israel und die ganze Region dar. Deutschland werde sich weiter für eine diplomatische Lösung einsetzen. Peres betonte bei dem Treffen die "enge Freundschaft" zwischen den beiden Ländern.

Obwohl er die engen Verbindung Deutschlands und Israels betonte, äußerte sich der Bundespräsident auch besorgt über eine immer kritischere Haltung vieler Deutscher zum jüdischen Staat. "Ohne Umfragen überzubewerten: Als Freund Israels besorgen mich die Ergebnisse dennoch", antwortete er der Zeitung Haaretz auf die Frage nach dem sinkenden Ansehen Israels in Deutschland. Eine Umfrage hatte kürzlich ergeben, dass 70 Prozent der Deutschen Israel vorwerfen, seine Interessen ohne Rücksicht auf andere Völker zu verfolgen und 59 Prozent die israelische Politik für aggressiv halten.

Gauck schreibt in Gästebuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem

Gemeinsam besuchten die Präsidenten im Anschluss an den Empfang die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, an der der sechs Millionen Juden gedacht wird, die den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten zum Opfer fielen.

In das Gästebuch der Holocaust-Gedenkstätte schrieb Gauck: "Wenn du hier gewesen bist, sollst du wiederkommen. Zuerst nur: die Flut der Gefühle, erschrecken vor dem Ausmaß des Bösen, mitleiden, mitfühlen, trauern - wegen eines einzigen Kinderschicksals oder wegen der Millionen unschuldiger Opfer. Und wiederkommen sollst du, weil auch du wissen kannst: Namen der Opfer - wie viele kennst du? Namen der Täter - deutsche zumeist - Verursacher, Vollstrecker, auch Namen von Schreckensorten wirst du dir einprägen und wirst erschrecken vor dem brutalen Interesse von Herrenmenschen. So wirst du dann hier stehen und dein Gefühl, dein Verstand und dein Gewissen werden dir sagen: Vergiss nicht! Niemals. Und steh zu dem Land, das hier derer gedenkt, die nicht leben durften."

Gauck, der von seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt begleitet wird, war am Montag in Israel eingetroffen. Im Laufe des heutigen Tages steht neben der Zusammenkunft mit Peres ein Treffen mit Überlebenden und Hinterbliebenen des Attentats auf israelische Sportler bei den Olympischen Spielen 1972 in München auf dem Programm.

Zum Mittagessen trifft Gauck den Schriftsteller und Friedensaktivisten David Grossman, der 2010 mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden war. Auch ein Termin mit Außenminister Avigdor Lieberman ist vorgesehen.

Die "berechtigten Anliegen des palästinensischen Volkes"

Welche Themen der Bundespräsident auf dem Staatsbankett ansprechen wird, das ebenfalls für den Nachmittag geplant ist, wird mit Spannung erwartet. Bestimmend dürfte die schwierige Lage im Nahen Osten und der Atomkonflikt mit Iran sein. Auch die Kontroverse um den Schriftsteller Günter Grass, der mit einem kritischen Gedicht für Verstimmung in Israel gesorgt hatte, könnte eine Rolle spielen.

Am Mittag bezeichnete Gauck die Zeilen des Schriftstellers als dessen persönliche Meinung. Sie entspreche jedoch nicht der deutschen Politik. "Wir treten dafür ein, dass Israel in Frieden und in gesicherten Grenzen leben kann", betonte Gauck. Dafür sei die Zwei-Staaten-Lösung und die Berücksichtigung der "berechtigten Anliegen des palästinensischen Volkes" entscheidend.

Zum Abschluss der Reise wird Gauck am Donnerstag auch die palästinensischen Gebiete besuchen. Es ist der erste offizielle Staatsbesuch seiner Amtszeit und die erste Reise als Bundespräsident in ein außereuropäisches Land. Zuletzt hatte Bundespräsident Christian Wulff 2010 Israel besucht.

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