Bundespräsident Christian Wulff:Eine rechte Patenschaft

Es ist ein netter Brauch: Für das siebte Baby einer Familie übernimmt der Bundespräsident die Patenschaft. Doch was, wenn die Eltern des Kindes angeblich Neonazis sind? Dann ist Christian Wulff in der Zwickmühle.

Daniel Brössler

Streng genommen sind, seit der Niedersachse Christian Wulff Bundespräsident ist, alle Deutschen seine Landeskinder.

German President Wulff walks out of the presidential residence Bellevue palace to welcome Poland's President Komorowski in Berlin

Das siebte Kind einer Familie bekommt einen ganz besonderen Paten: den Bundespräsidenten. Doch was, wenn die Eltern des Babys angeblich Neonazis sind?

(Foto: REUTERS)

Eines der jüngsten dieser Kinder bereitete Wulff dieser Tage allerdings besondere Kopfschmerzen. Es lebt im Örtchen Lalendorf im Landkreis Güstrow mitten in Mecklenburg-Vorpommern als siebtes Kind einer erst kürzlich zugezogenen Familie. Nach einer alten Regel hat es als jüngster Spross einer so kinderreichen Familie Anspruch auf ein besonderes Privileg - eine Patenschaft durch den Bundespräsidenten.

Übergeben müsste die entsprechende Urkunde nach hergebrachtem Brauch Bürgermeister Reinhard Knaack von der Linkspartei. Doch der denkt gar nicht daran, die Eltern zu "hofieren". Sie sind ihm und anderen im Dorf als Sympathisanten der rechtsextremen Szene bekannt. Der Fall erregte in Mecklenburg-Vorpommern Aufsehen und könnte den Bundespräsidenten auch noch beschäftigen, wenn er dem nördlichen Bundesland am kommenden Donnerstag seinen Antrittsbesuch abstattet.

Im Bundespräsidialamt nämlich war der Fall seit Tagen wieder auf dem Tisch, nachdem die Urkunde über die Ehrenpatenschaft zunächst routinemäßig auf Antrag der Eltern positiv beschieden worden war. Denn auch der Vorsteher des für Lalendorf zuständigen Amtes Krakow am See, Wilfried Baldermann von der CDU, weigerte sich, die Urkunde zu überreichen.

Überhaupt sind die Lokalpolitiker alle gegen eine Übergabe der Urkunde. Die SPD im Schweriner Landtag möchte, dass Wulff die Ehrenurkunde für den Nachwuchs aus Lalendorf zurückzieht. Fraktionschef Norbert Nieszery wandte sich deshalb in einem Brief an den Bundespräsidenten. "Diese Eltern sind eindeutig im rechtsextremen Milieu verortet", begründet Nieszery seine Haltung.

Der Vater sei Nachfolger des verstorbenen NPD-Funktionärs Jürgen Rieger an einem "Eugenik-Institut", die Mutter gehöre zum "Ring nationaler Frauen". Das verbiete eine Ehrung durch das Staatsoberhaupt. "Diese Leute haben ein oberstes politisches Ziel: die Abschaffung des demokratischen Rechtsstaates", meint Nieszery. So bestehe die Gefahr, dass diese Ehrung benutzt werde, um zu erklären: "Wir sind vom Bundespräsidenten geehrt worden. Unsere politischen Ziele können nicht unehrenhaft sein."

Als "völlig richtig" bewertet auch der aus Mecklenburg-Vorpommern stammende Vize-Chef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, das Verhalten des örtlichen Bürgermeisters. Er warnt aber zugleich: "Man darf das Kind nicht dafür bestrafen, dass die Eltern rechtsradikal sind." Deshalb dürfe ihm das Geldgeschenk von 500 Euro nicht vorenthalten werden.

Nach einigem Zögern hat sich der Bundespräsident am Mittwoch entschieden. Die Urkunde wird per Post auf den Weg geschickt. Und das Geld wird ganz einfach überwiesen. "Das Kind stehe im Mittelpunkt", heißt es aus dem Präsidialamt. Dabei gehe es um das Neugeborene, nicht um die Eltern. Im Übrigen seien stets alle gefordert, "für ein Klima zu sorgen, in dem Kinder demokratisch erzogen werden".

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