Bundespräsident a. D. Walter Scheel:Liberaler, Strippenzieher, Machtmensch

Vielen Deutsche erinnern sich an Walter Scheel als fröhlichen Bundespräsidenten. Doch als Parteipolitiker konnte er knallhart sein. Fotos aus seinem Leben.

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Walter Scheel, Wille Brandt

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Walter Scheel amtierte von 1974 bis 1979 als vierter Präsident der Bundesrepublik. Als er sein Amt antrat war Scheel 54 und bis dahin das jüngste demokratisch gewählte deutsche Staatsoberhaupt. Nun ist der Liberale im Alter von 97 Jahren verstorben.

Im Bild: Scheel nimmt nach seiner Wahl die Gratualtion des wenige Tage zuvor zurückgetretenen Kanzlers Willy Brandt entgegen.

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Walter Scheel, im nordrhein-westfälischen Solingen geboren, kämpfte im Zweiten Weltkrieg als Wehrmachtsoffizier, eine angebliche NSDAP-Mitgliedschaft bestritt er. Ab Mitte der Fünfzigerjahre bestimmte Scheel den Kurs der FDP mit. Ihm ist es zu verdanken, dass sich die damals in Teilen noch nationalistisch geprägte Partei zu einer echten liberalen Kraft entwickelt hat.

Im Bild: Scheel im Jahre 2007

40. Todestag Konrad Adenauer

Quelle: dpa

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Als Scheel Bundespräsident wurde, konnte er bereits auf eine bemerkenswerte politische Karriere als Bundesminister zurückblicken. Mit Scheel (links im Bild) starb jetzt das letzte Mitglied der Kabinette von Konrad Adenauer (Mitte) und Ludwig Erhard (beide CDU).

Walter Scheel, Romy Schneider und O.W. Fischer beim "bal paré", 1964

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Im Oktober 1961 übernahm Scheel sein erstes Regierungsamt. Unter Konrad Adenauer wurde er Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Zum Amt gehörten viele Auslandsreisen, aber auch das ein oder andere Dinner mit Filmstars und anderen Berühmtheiten.

Im Bild: Scheel neben den Schauspielern Romy Schneider und O.W. Fischer beim "bal paré", zu dem Verleger Franz Burda 1964 in den Bayerischen Hof geladen hatte.

Walter Scheel auf einem Kamel, 1963

Quelle: Sueddeutsche Zeitung Photo

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Die Reisen führten den Minister unter anderem nach Ägypten. Über diesen Besuch schrieb der Spiegel damals: "Scheel konnte nur mit Mühe von dem Kamel "Bismarck" absitzen, das ihn um die Pyramiden von Gizeh getragen hatte, weil das Tier sich durch heftige Abwehrbewegungen dem Abstieg des Bonner Kreditverteilers widersetzte."

Im Bild: Walter Scheel während seines zwölftägigen Ägypten-Besuchs im April 1963.

Walter Scheel und Dr. Erich Mende, 1968

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Am 30. Januar 1968 wurde Walter Scheel auf dem FDP-Parteitag mit breiter Mehrheit zum neuen Parteivorsitzenden gewählt. Unter seiner Führung gewann die FDP ein neues, sozialliberales Profil. Die Partei bereitete sich auf die Zusammenarbeit mit der SPD vor.

Im Bild: Der nationalliberale Erich Mende gratuliert dem gerade gewählten Walter Scheel, der ihn als FDP-Bundesvorsitzenden ablöst.

Walter Scheel im Deutschen Bundestag, 1968

Quelle: Sueddeutsche Zeitung Photo

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Auch als er noch kein Bundespräsident war, hielt Scheel staatsmännische Reden - und schärfte sein sozialliberales Profil. Bei einer Sondersitzung zu den Studentenunruhen 1968 forderte er als Vizepräsident des Bundestages die Große Koaltion auf, den Kern der Proteste aufzugreifen - und kritisierte den Springer-Verlag.

Im Bild: Scheel am 30. April 1968 am Rednerpult des Bundestages. Im Hintergrund sitzt auf der Regierungsbank der damalige Kanzler Kurt Georg Kiesinger.

Walter Scheel mit Familie, 1969

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1967 erholte sich Scheel am Tegernsee von einer Nieren-Operation und lernte dort die Ärztin Mildred Wirtz kennen. Am 18. Juli 1969 heirateten die beiden in München-Schwabing und zogen bald darauf nach Bonn. Das Paar bekam eine gemeinsame Tochter und adoptierte ein Waisenkind aus Bolivien.

Im Bild: Walter und Mildred Scheel am 29. August 1969, dem ersten Schultag ihrer Tochter Cornelia. im Bonner Haus der Familie.

Walter Scheel an seinem Schreibtisch, 1969

Quelle: Sueddeutsche Zeitung Photo

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Zusammen mit seiner Frau Mildred lebte Scheel in einem Haus am Bonner Venusberg. Weil die Luft über der Stadt besonders gut sein soll, wird der Hügel bis heute als "Balkon Bonns" bezeichnet. Neben Scheel wohnten dort unter anderem Altbundespräsident Heinrich Lübke, Ludwig Erhard, Willy Brandt und SPD-Fraktionschef Herbert Wehner.

Im Bild: Privatmann Scheel im August 1969 am Schreibtisch seines Hauses. Hinter ihm sitzt sein Dackel "Mücke".

Willy Brandt und Walter Scheel bei Koalitionsverhandlungen, 1969

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Die Bundestagswahl 1969 besiegelte das Ende der Großen Koalition. Noch in der Wahlnacht einigten sich Scheel und Brandt auf die Bildung eines sozialliberalen Bündnisses. Unter Regierungschef Brandt wurde Scheel zum Außenminister und Vizekanzler.

Im Bild: Sozialdemokrat Brandt und der liberale Scheel geben sich vor Beginn der Koalitionsverhandlungen am 1. Oktober 1969 zur Begrüßung die Hand.

Unterzeichnung des Warschauer Vertrages 1970

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"Wandel durch Annäherung" hieß die neue außenpolitische Strategie der sozialliberalen Koalition. Das Ziel: Die Blockkonfrontation zwischen Ost und West sollte aufgeweicht werden. In den Ostverträgen garantierten Brandt und Scheel der Sowjetunion sowie den mittel- und osteuropäischen Staaten einen Gewaltverzicht und die Unverletzbarkeit der Staatsgrenzen, die als Folge des Zweiten Weltkriegs entstanden waren.

Im Bild: Am 7. Dezember 1970 unterschreiben Brandt (am Tisch zweiter von links) und Polens Premier Jozef Cyrankiewicz (zweiter von rechts) den Warschauer Vertrag. Ganz links am Tisch: Außenminister Scheel.

Walter Scheel in der Debatte der Ostverträge, 1972

Quelle: sz.sonstige

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Während die westlichen Alliierten die neue Ostpolitik begrüßten, wurde sie innenpolitisch heftig kritisiert. Die CDU/CSU-Opposition fürchtete, dass die DDR endgültig als zweiter deutscher Staat anerkannt würde. Wochenlang lieferten sich Regierung und Opposition hitzige Wortgefechte im Bundestag. Auch Scheel argumentierte leidenschaftlich: Ohne die Ostverträge werde es auch keine Öffnung der "Wege von und nach Berlin" geben, sagte er damals mit Blick auf das noch zu verhandelnde Viermächte-Abkommen, das Besucher- und Zugangswege regeln sollte.

Im Bild: Scheel im Bundestag im Februar 1972 während der ersten Lesung der Ostverträge.

Walter Scheel mit Simon-Martin, 1972

Quelle: Sueddeutsche Zeitung Photo

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Den Sommerurlaub verbrachte die Familie Scheel meistens in ihrem Ferienhaus im österreichischen Pinzgau. Oder auf Sylt, wo Walter und Mildred Scheel ihrem gemeinsamen Hobby nachgingen: dem Golfspielen.

Im Bild: Scheel mit Adoptivsohn Simon-Martin im Juli 1972 in seinem Sommerhaus im Pinzgau.

Willy Brand und Walter Scheel nach den Bundestagswahlen, 1972

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Nicht nur die Ostverträge waren in besonderem Maße Scheel zu verdanken. Auch der Wahlerfolg der FDP bei den Bundestagswahlen 1972 hatte wesentlich mit dessen Popularität zu tun. Die sozialliberale Regierung konnte ihre Arbeit fortsetzen und Scheel seine Ämter als Außenminister und Vizekanzler behaupten.

Im Bild: Brandt und Scheel nach Bekanntwerden ihres Wahlerfolgs am Abend des 19. November 1972.

Walter Scheel mit Gustav Heinemann, 1974

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Am 15. Mai 1974 wählte die Bundesversammlung Scheel zum Bundespräsidenten. Der Kandidat von SPD und FDP erreichte 530 Stimmen, sein Gegenkandidat von der CDU/CSU, Richard von Weizsäcker, erhielt 498 Stimmen. Scheel trat sein neues Amt am 1. Juli 1974 an, seine Nachfolge als FDP-Parteichef, Vizekanzler und Außenminister übernahm Hans-Dietrich Genscher.

Im Bild: Der scheidende Bundespräsident Gustav Heinemann mit seiner Frau Hilda (von links) zusammen mit Mildred und Walter Scheel im Jahr 1974 zu Beginn einer Rheinfahrt zum Abschluss von Heinemanns Amtszeit.

Karl Carstens, Helmut Schmidt, Walter Scheel und Ernst Benda, 1978

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Scheel galt als leutselig und fröhlich: Bis heute ist er vielen Deutschen als der Bundespräsident in Erinnerung, der es in die Schlager-Hitparaden schaffte, als er zusammen mit dem Düsseldorfer Männergesangsverein "Hoch auf dem gelben Wagen" schmetterte. Scheel betonte stets seine Nähe zum Volk. Dass es ihm Spaß machte, die Bundesrepublik zu repräsentieren, trug ihm im Ausland den Spitznamen "Mister Bundesrepublik" ein.

Im Bild: Scheel mit seinem Nachfolger Carl Carstens, Kanzler Schmidt und Ernst Benda, Präsident des Bundesverfassungsgerichts (von links) 1978 in Tutzing.

HELMUT SCHMIDT; IGNES PONTO; WALTER SCHEEL

Quelle: AP

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Doch Scheel fand auch in schwierigen Zeiten den richtigen Ton: In seine Amtszeit fiel der Höhepunkt des RAF-Terrors. Beim Trauergottesdienst für Hanns Martin Schleyer bat er in einer bewegenden Rede die Angehörigen "im Namen aller deutschen Bürger" um Vergebung.

Im Bild: Bundeskanzler Helmut Schmidt (von links), Ignes Ponto und Scheel am 5. August 1977 in der Frankfurter Paulskirche bei der Trauerfeier für den Bankier Jürgen Ponto, der wenige Tage zuvor erschossen worden war.

Staatsbesuch des Bundespräsidenten in Teheran

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Als Bundespräsident verstand es Walter Scheel, die Bundesrepublik würdevoll zu repräsentieren. Besonders geschätzt waren seine Reden, die dem Präsidentenamt eine neuen rhetorischen Glanz verliehen. In innerpolitische Debatten mischte er sich selten ein. Eine der wenigen Ausnahmen: Im November 1976 weigerte er sich, das Gesetz zur Abschaffung der Gewissensprüfung bei Wehrdienstverweigerern zu unterschreiben. Weil Scheel auf eine zweite Kandidatur verzichtete, endete seine Amtszeit am 30. Juni 1979.

Im Bild: Bundespräsident Walter Scheel und seine Ehefrau Mildred Scheel bei einem viertägigen Staatsbesuch beim persischen Kaiserpaar Schah Reza Pahlevi und Ehefrau Farah Diba in Teheran im April 1978.

Walter Scheel am Grab seiner Frau Mildred, 1985

Quelle: Sueddeutsche Zeitung Photo

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Im Mai 1985 starb Mildred Scheel an Krebs. Auf diesem Foto wirft Walter Scheel bei der Beerdigung Blumen ins Grab seiner Ehefrau, die zu jener Zeit Präsidentin der Deutschen Krebshilfe war. Rechts neben ihm stehen seine Töchter Andrea Gwendolyn, Cornelia und Adoptivsohn Simon-Martin.

Germany Elects New President

Quelle: Getty Images

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Im Februar 1988 heiratete Walter Scheel die Krankengymnastin Barbara Wiese. Es war seine dritte Ehe. Auch nach seiner Zeit als aktiver Politiker war Scheel ein gefragter Redner und beteiligte sich immer wieder an aktuellen Diskussionen. Nach seiner Pensionierung wohnte Scheel in Köln, München und Berlin, bevor er 2009 ins badische Bad Krozingen zog.

Walter und Barbara Scheel bei der Wiederwahl des früheren Bundespräsidenten Horst Köhler am 23. Mai 2009 im Bundestag in Berlin.

Walter Scheel

Quelle: dpa

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Die letzten Jahre trat Walter Scheel nur noch selten öffentlich in Erscheinung, etwa bei Opernaufführungen. Er soll - wie Genscher - noch viele Jahre nach seiner aktiven Politikerzeit - Strippen im Hintergrund gezogen haben. Zuletzt war Scheel dem Vernehmen nach nicht mehr ansprechbar.

Im Bild: Scheel im Sommer 2014 in seinem Wohnort Bad Krozingen

© SZ.de/odg/olkl
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