Ablösung von Seeger, Lohmann und Frehse:Friedrich tauscht Führungsspitze der Bundespolizei aus

Bundesinnenminister Friedrich entlässt die komplette Führungsspitze der Bundespolizei. Der bisherige Präsident Matthias Seeger sowie seine Stellvertreter Wolfgang Lohmann und Michael Frehse sollen abgelöst werden. Grund für den Rauswurf soll ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen Friedrich und dem Führungstrio sein. Die Polizeigewerkschaft kritisiert die Entscheidung scharf.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) setzt die komplette Spitze der Bundespolizei ab. Wie in Koalitionskreisen am Samstag bestätigt wurde, entlässt Friedrich Bundespolizeichef Matthias Seeger sowie dessen Stellvertreter Wolfgang Lohmann und Michael Frehse. Eine offizielle Bestätigung für die geplante Ablösung gibt es noch nicht. Ein Sprecher Friedrichs sagte in Berlin, das Ministerium gebe zu Personalspekulationen keine Stellungnahme ab.

Friedrich setzt komplette Fuehrung der Bundespolizei ab

Bundespolizeichef Matthias Seeger soll abgesetzt werden.

(Foto: dapd)

Behördenchef Matthias Seeger soll Angaben aus Regierungskreisen zufolge durch Dieter Roman ersetzt werden, der bislang Referatsleiter für Terrorismus-Bekämpfung im Bundesinnenministerium (BMI) ist. Seeger soll am Montag offiziell über seine Ablösung informiert werden, meldete die Nachrichtenagentur dpa. Verkündet werden sollen die Personalien in der Kabinettssitzung an diesem Mittwoch. Seeger stand seit März 2008 an der Spitze der Bundespolizei, die ihren Hauptsitz in Potsdam hat.

Nach Informationen von Focus Online stehen auch die Nachfolger für Lohmann und Frehse bereits fest. Demnach sollen die beiden Spitzenbeamten des Bundesinnenministeriums, Jürgen Schubert und Franz Palm, neue Vizepräsidenten der Bundespolizei werden. Schubert war bisher Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder, Palm leitete das Haushaltsreferat in der Zentralabteilung des Ministeriums.

Spekulationen über Hintergründe des Personalwechsels

Warum die komplette Führungsriege gehen muss, ist nicht geklärt. Das ZDF berichtet unter Berufung auf Regierungskreise, dass eine allgemeine Unzufriedenheit mit der Amtsführung und ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen der Leitung der Bundespolizei und dem Ministerium Gründe für die Ablösung seien. Es gebe große Unzufriedenheit darüber, dass die Bundespolizei immer wieder mit Interna in die Öffentlichkeit geraten sei, schreibt die Nachrichtenagentur dpa.

Nach Angaben des Tagesspiegels sollen interne Konflikte in der Bundespolizei hinter der Entlassung stecken. Chef Seeger bekomme Streit in der Behörde nicht in den Griff, zitierte das Blatt Informanten. Mit dem NSU-Debakel habe die Personalie Seeger nichts zu tun, hieß es.

Gewerkschaft der Polizei spricht von "Spannungen"

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisiert Friedrich für die geplante Ablösung des Führungstrios heftig. Dieser Schritt werde die enormen Probleme der Bundespolizei nicht lösen, prophezeite der zuständige GdP-Bezirksvorsitzende Josef Scheuring in einer Erklärung. "Es gab unzweifelhaft Spannungen innerhalb der Führung und zum Bundesinnenministerium. Das mag zu der Ablösung führen, ist aber nicht Ursache der Probleme der Bundespolizei", sagte Scheuring.

Ablösung von Seeger, Lohmann und Frehse: Innenminister Friedrich tauscht die komplette Führungsspitze bei der Bundespolizei aus.

Innenminister Friedrich tauscht die komplette Führungsspitze bei der Bundespolizei aus.

(Foto: AFP)

Er beklagte eine wachsende Kluft zwischen immer mehr Aufgaben im In- und Ausland und immer weniger Geld und Personal. Das führe zu "einer extremen Überlastungssituation" und angesichts schlechter Berufsperspektiven zu "massivem Frust" in der Bundespolizei. Dies alles sei bekannt, "ohne dass die politisch Verantwortlichen im Bundesinnenministerium, im Innen- und Haushaltsausschuss des Bundestages jedoch die notwendigen Umsteuerungen bisher vorgenommen hätten".

Focus Online und Mitteldeutsche Zeitung berichten, Seeger sei im Bundesinnenministerium hauptsächlich wegen seines Widerstands gegen Reformpläne in Misskredit geraten. Der 57-Jährige war vehement gegen eine Zusammenlegung von Bundespolizei und Bundeskriminalamt gewesen. "Bei einer Fusion wären beide Organisationen Verlierer", kommentierte Seeger die damaligen Überlegungen des Bundesinnenministeriums in der Süddeutschen Zeitung. Wenig später waren die Pläne wieder vom Tisch. Diese mangelnde Loyalität nehme man Seeger nachhaltig übel, zitiert die Mitteldeutsche Zeitung Unionskreise. GdP-Chef Scheuring zufolge war Seegers Haltung zu der Fusion jedoch kein Grund für die Ablösung.

Seeger waren immer wieder auch angebliche Verbindungen zum autoritären Regime Weißrusslands vorgeworfen worden. Über eine mögliche Entlassung Seegers aus diesen Gründen war bereits im Juni dieses Jahres spekuliert worden. Die Gewerkschaft der Polizei sprang Seeger schon damals zur Seite und sprach von "falschen Gerüchten" und Illoyalität führender Beamter. Sie bescheinigte dem Bundespolizeichef soziale Kompetenz und hohes Ansehen in der Behörde.

GdP-Chef Scheuring kritisierte die Spekulationen um Seeger erneut. "Der Stil der scheibchenweisen, öffentlichen persönlichen Rufbeschmutzung eines Spitzenpolizisten (...) mit falschen Verdächtigungen ist vollkommen inakzeptabel." Er ergänzte: "Das ist einer Polizei nicht würdig."

Die Bundespolizei ist für die Sicherheit im Bahnverkehr, an den Land- und Seegrenzen und auf den großen Flughäfen zuständig. Sie hat etwa 40.000 Mitarbeiter, darunter sind etwa 32.000 Vollzugsbeamte.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: